Abduktives Denken und talmudische Argumentation

Abduktion als eine kreative und zugleich disziplinierte Verfahrensweise zur Auffindung von Hypothesen weist eine logische Struktur aus, die am Ergebnis ansetzt und über eine 'Regel' auf den (konkreten) Fall hinführt. Im talmudischen Rechtsdiskurs ist diese Schlussfigur ein normativ angelegter, problemorientierter hermeneutischer Topos, in dessen Rahmen ein Einverständnis über den Geltungsanspruch der zu deutenden Norm durch eine so genannte 'Reparatur' der Ausgangsdaten herbeigeführt wird. Ronen Reichman zeigt abduktives Denken im Talmud als Gegenpol zu den Denkschranken des Rechtspositivismus auf. Ausgehend von der pragmatischen Bedeutungstheorie Habermas' ('wir verstehen einen Sprechakt, wenn wir wissen, was ihn akzeptabel macht') erarbeitet er, wie die abduktive Interpretation die interne Verknüpfung zwischen Geltung und Bedeutung aufrechterhält. Durch die Abgrenzung abduktiven Schließens von den deduktiven und induktiven Schlussformen einerseits und die Einbeziehung der pragmatischen Bedeutungstheorie andererseits bietet die Studie eine neue systematische Herangehensweise zur Erschließung talmudischer Rechtshermeneutik.

Geboren 1960; 1994 - 1996 wiss. Mitarbeiter am Seminar für Judaistik in Frankfurt; 1996 - 2004 wiss. Mitarbeiter an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg; Professor für Talmud, Codices und Rabbinische Literatur an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg.

Weitere Produkte vom selben Autor

Download
PDF
Mishna und Sifra Ronen Reichman

119,00 €*