'Adel' und gesellschaftliche Differenzierung im archaischen und frühklassischen Griechenland

War die griechische Archaik ein Zeitalter des Adels? Jan Meister unterzieht diese zentrale Frage einer kritischen Neuevaluation, indem er den Adelsbegriff als analytisches Instrument verwendet, um die sich wandelnden Strategien des 'Obenbleibens' archaischer Eliten genauer zu fassen. Er analysiert dabei die Transformation einer bäuerlichen Oberschicht hin zu stadtsässigen Honoratioren, deren Differenzierungsstrategie nebst Schichtung auf der räumlichen Unterscheidung von Zentrum und Peripherie beruhte. Meister bereitet das problematische Konzept einer einheitlichen 'agonalen Adelskultur' der Archaik forschungsgeschichtlich auf und ersetzt es durch ein dynamisches Modell, bei dem die Konkurrenz archaischer Eliten gerade dadurch bestimmt wurde, dass ein einheitliches Konzept von 'Adeligkeit' fehlte. Das eröffnet neue Perspektiven auf die Strategien einzelner Akteure in Wechselwirkung mit sich verändernden institutionellen Rahmenbedingungen. Am Fallbeispiel Athen wird schließlich dargelegt, wie unter den Bedingungen der Demokratie verstärkt Vorstellungen von 'Adeligkeit' propagiert wurden, die dann in der modernen Forschung die Konzeption der Archaik als Epoche des Adels begünstigen.

Jan B. Meister ist SNF-Eccellenza Professor an der Universität Bern, wo er ein Projekt zu spätantiken Herrscherkörpern leitet. Er forscht zur griechischen Archaik, der politischen Kultur Roms, historisch-anthropologischen Themen sowie zur Wissens- und Rezeptionsgeschichte.

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