Afghanistan - Ursachen von Staatszerfall und Grenzen externer Demokratisierung

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Politik - Region: Naher Osten, Vorderer Orient, Note: 1,0, Universität Leipzig (Politikwissenschaft), Veranstaltung: Demokratisierung und sozioökonomischer Wandel in Asien, Sprache: Deutsch, Abstract: Nach Immanuel Kant dienten Kriege quasi teleologisch dazu, die Menschen über den Erdball zu verteilen, also auch auf unwirtliche Regionen wie Afghanistan. Eine auf Afghanistan fokussierende Arbeit muss zu Beginn die Frage beantworten, wieso ein so kleines, unfruchtbares, entferntes, ödes und anachronistisch anmutendes Land zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Arbeit werden sollte. Eine Antwort der 80er Jahre hätte auf seine Rolle als ¿Sandwich¿ zwischen West und Ost im Stellvertreterkrieg verwiesen, als die USA hinter vorgehaltener Hand den Widerstand derer ¿Freiheitskämpfer¿ gegen die Sowjetunion unterstützen, welchen heute wiederum die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Partner in einem Kampf, den mancher Kommentator gar als ¿dritten Weltkrieg¿ bezeichnet, gegenüberstehen. Dieses Beispiel verdeutlicht eine wichtige Tatsache, die bei der Betrachtung Afghanistans im Hinterkopf verankert werden muss: Die hohe Relevanz seiner Geschichte für seine heutige Bedeutung und seine aus der Perspektive westlicher Hybris betrachet zurückgebliebene, vormoderne Gesellschaft3. Wie mächtig diese Pfadabhängigkeiten sind, wird eine der Fragen dieser Arbeit sein. Ein Bedeutungswandel aus westlicher Sicht hat also stattgefunden, seit die Taliban ¿ jene Warlords, Terroristen, Freiheitskämpfer oder wie auch immer man sie nennen will ¿ nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 verdächtigt wurden, den islamischem Terrorismus zu tolerieren. Mit dem mehr oder minder geglückten Sturz des ¿Taliban- Regimes¿ haben sich aber nicht nur neue Probleme für die Afghanen ergeben, sondern sind auch fundamentale politikwissenschaftliche Fragestellungen aufgeworfen worden. Nach zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Arbeit sieben Jahre andauerndem Krieg bzw. Besatzung ist immer noch kein Ende der Besatzung und Beginn eines wirklich souveränen, autonomen und befriedeten afghanischen Staates absehbar. Offenbar mangelt es ihm nach wie vor an Legitimation, wenn weite Teile des Landes seiner herrschaftlichen Durchdringung unzugänglich sind. Schlimmer noch aus Sicht der Koalitionstruppen: Das Projekt Afghanistan droht zu scheitern. Zunehmende Gewalt, Terror, Anschläge, Entführungen von Zivilisten und alarmierende Zahlen und Eindrücke vor allem aus südlichen Landesteilen, eine nur auf die Hauptstadt Kabul beschränkte effektive Regierungsgewalt lassen Forderungen nach und Entscheidungen für Truppenaufstockungen aufkommen.