Andolosia als Gegentypus zu Fortunatus

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Ruhr-Universität Bochum, Veranstaltung: Proseminar: Fortunatus, Sprache: Deutsch, Abstract: Der 1509 anonym erschienene Fortunatus bietet als einer der ersten deutschen Prosaromane eine Fülle von potentiellen Interpretationsansätzen. Autorfrage, Topographie, Motivgeschichte, Erzählstruktur, theologische Momente und Wirtschaftsgeschichte bilden einen gewaltigen Komplex möglicher wissenschaftlicher Annäherung. Größere, von dem Schwerpunkt dieser Arbeit weitgehend unabhängige Motivkomplexe, sollen jedoch zum Zwecke der detailgetreuen Figurenanalyse vernachlässigt werden. Untersuchungsgegenstände wie die Fortuna-Thematik, die These vom Glücksrad, die Anlehnung an Literarische Gattungen, die Herkunft der Märchenmotive oder die Bedeutung christlicher Motive im Roman können daher keine oder nur geringe Beachtung erfahren. Der Sozialgeschichte muss allerdings - wenn auch in begrenztem Rahmen - gewisse Zuwendung zukommen, da die beiden Haupthandlungsträger Fortunatus und Andolosia gerade im Umgang mit ihrem aus dem Kontext der Entstehungszeit des Fortunatus entlehnten gesellschaftlichen Umfeld ihre konträren Verhaltensweisen zum Vorschein bringen. Im Zuge der Epochenwende vom Spätmittel-alter zur Frühen Neuzeit wurden durch neue Produktions- und Wirtschaftsformen die Grenzen der alten Ständeordnung zunehmend dünner. Aufstrebende bürgerliche Familien konnten durch Etablierung einer scheinbar grenzenlosen finanziellen Macht das Repräsentationsverhalten des Adels adaptieren und provozierten auf diese Weise einen Konflikt zwischen politischer und ökonomischer Potenz. Fortunatus und Andolosia erfahren in dieser Gesellschaft verschiedene Schicksale. Es wird aufzuzeigen sein, dass die Gegensätzlichkeit ihrer Motivationen und Handlungen besonders anschaulich in Dichotomien wie Integration - Isolation, Aggression - Repression, Konstruktion - Destruktion etc. umschrieben werden kann. Um die Nuancen und Pointen der Gegensätzlichkeit herauszustellen und die These der antitypischen Gestaltung zu untermauern, soll der Handlungsverlauf raffend verfolgt und die für den Arbeitsauftrag weniger bedeutenden Erzählabschnitte übersprungen werden. Das Hauptaugenmerk wird darauf gerichtet sein, in vergleichbaren Situationen bzw. Episoden des Romans die unterschiedlichen Handlungsmotive der beiden Protagonisten auf Ursprung und Konsequenz zu untersuchen. Dabei werde ich diverse Interpretationen der Forschungsliteratur kritisch mit einbeziehen, einander gegenüberstellen und auf ihren Gehalt bezüglich der Textdeutung überprüfen.

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