Anforderungen an Ratingagenturen zur Vermeidung von Interessenkonflikten: unter besonderer Berücksichtigung der EU-Ratingverordnung

'Das Schlimmste ist überstanden.' - Diese Beurteilung der Finanzlage gab im April 2008 der ehemalige Vorstandschef der US-Investmentbank Lehman Brothers, Richard Fuld, ab. Nur fünf Monate später war die Bank mit 158-jähriger Tradition insolvent. Die Ausmaße der Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich 2007 abzeichnete, konnte zum damaligen Zeitpunkt kaum ein Beteiligter richtig abschätzen. Heute ist klar, dass Fulds Aussage eine drastische Fehleinschätzung war. Begonnen im Jahr 2006 als Immobilienkrise in den USA, hat die Krise seit Mitte 2008 die Realwirtschaft der gesamten Welt erreicht. Kreditausfälle bei Banken und der Wirtschaft in Milliardenhöhe sowie Vertrauenseinbußen und daraus resultierende Liquiditätsengpässe auf dem Interbankenmarkt führten zu starker Kritik am bestehenden Finanzsystem. Immer häufiger wurden in dieser Zeit Rufe nach einer Reform laut, um Banken, Versicherungsinstitute und Ratingagenturen stärker kontrollieren zu können. Letzteren wird durch die mangelhafte Bewertung von Anlageformen eine große Mitverantwortung an der Finanzmarktkrise zugeschrieben, da deren Ratings als Entscheidungsgrundlage von Unternehmen und Investoren dienten. Der Einfluss der Ratingagenturen auf den Finanzmarkt wurde durch die Krise deutlich sichtbar. Umso erstaunlicher erscheint es, dass die Kontrolle über die Agenturen sowie die Konsequenzen bei einem Fehlverhalten nicht ausreichend geregelt waren. Durch die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009, die vom Europäischen Parlament und Rat am 16. September 2009 erlassen wurde, sollen diese Akteure am Markt in Zukunft besser überwacht werden können. Ziel dieser Arbeit ist es, den Hintergrund der RatingVO in Bezug auf die Vermeidung von Interessenkonflikten zu beleuchten sowie die Lösungsansätze der Verordnung aufzuzeigen, zu analysieren und zu hinterfragen. Es gilt herauszufinden, ob die Verordnung die gewünschten Resultate widerspiegelt und erreicht sowie geeignet ist, künftige Krisen zu vermeiden.

Anna-Sabina Franke, Jahrgang 1988, schloss im Jahr 2011 ihr Studium des Wirtschaftsrechts an der Hochschule Pforzheim als Bachelor of Laws (LL.B.) erfolgreich ab. Bereits während des Studiums konnte Frau Franke umfassende praktische Erfahrungen in der Ste