BGH 2 StR 495/12. Voraussetzungen, Probleme und Legitimität der echten Wahlfeststellung

Examensarbeit aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Jura - Strafrecht, Note: 15, Universität Leipzig, Veranstaltung: Seminar: Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen, Sprache: Deutsch, Abstract: Eine Vorbedingung des Strafprozesses ist die Wahrheitsfindung. Ohne sie kann keine gerechte Entscheidung über den Anklageentwurf getroffen werden. Ohne sie kann das Verfahren nicht seiner Befriedungsfunktion gerecht werden. Die Wahrheitsfindung ist in der Praxis nicht immer zweifelsfrei möglich. Treten Zweifel auf, kann dies ganz unterschiedliche Auswirkungen haben. Sind die Zweifel tatsächlicher Art und betreffen die Frage, ob sich der Beschuldigte überhaupt strafbar gemacht hat, so ist er nach dem Zweifelssatz freizusprechen. Ist jedoch nur rechtlich unklar, ob ein Straftatbestand verwirklicht wurde, findet der Zweifelssatz keine Anwendung, da die Rechtserkenntnis allein dem Gericht und den Grenzen des Art 103 GG obliegt. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen ein eindeutig strafbares Verhalten nicht eindeutig festgestellt werden kann, weil ein weiteres strafbares Verhalten möglich ist. Um in Fällen alternativer Tatbestandsverwirklichung, bei welcher sich keiner der Tatbestände sicher nachweisen lässt, jedoch zwingend einer erfüllt sein muss, die Unbilligkeit eines Freispruchs zu vermeiden, wurde zu Zeiten des RG die echte Wahlfeststellung als Rechtsfigur ins Leben gerufen. Seit ihrer Schöpfung war sie jedoch stets umstritten. Diese Debatte wurde jüngst vom 2. Strafsenat erneut angestoßen. Dieser ist davon überzeugt, dass die Rechtsfigur verfassungswidrig ist.