"Bellum servile" - Antike Sklavenaufstände als Anwendungsbeispiel für Theorien sozialer Bewegungen

Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Soziologie - Soziales System und Sozialstruktur, Note: 1, Universität Leipzig (Institut für Soziologie), Veranstaltung: Blockveranstaltung: Politischer Protest und soziale Bewegungen. Ursachen und Wirkungen, Sprache: Deutsch, Abstract: Das 2. und 1. Jh. v. Chr. war für die Römische Republik eine Zeit der Expansion, doch vollzog sich der Wandel vom Stadtstaat zum mediterranen Imperium nicht ohne innere Spannungen. Soziale und politische Krisen, meist blutige Konflikte zeichnen die dunklen Töne im Bild jener Ära. Der Sklavenaufstand um Spartakus zählt sicher zu den bekannteren Episoden, und es ist denkwürdig, daß praktisch alle großen Sklavenaufstände der Antike in diese Epoche fielen, in den relativ begrenzten Zeitraum von 140 ¿ 70 v. Chr. Antike Sklavenaufstände, Spartakus ¿ vielleicht denkt man an Kirk Douglas in der Hollywood-Verfilmung. Vielleicht denkt man auch an den Spartakusbund samt Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Doch bestehen signifikante Unterschiede zwischen antiker und moderner Bewegung: War der ¿Bund¿ eine Vereinigung mit mehr oder weniger klaren Vorstellungen vom anzustrebenden Wandel der Gesellschaft, verband die Sklaven des Spartakus zwar der Wille zur Freiheit, jedoch kein politisch-ideologisches Programm. Nach einigen ¿ enger gefaßten ¿ Definitionen in der Soziologie ist der Spartakusaufstand nicht einmal als soziale Bewegung einzustufen, da sie neben formaler Organisation und kollektivem Handeln v.a. fordern, daß die Ziele einer solchen Bewegung im sozialen Wandel bestehen. Das mag auf den ersten Blick paradox klingen: Tausende von aufsässigen Sklaven wagten gemeinsam kämpfend ihr Leben für die Freiheit, aber in der Tat ist (soweit wir wissen) von ihnen nie die grundsätzliche Abschaffung der Sklaverei gefordert worden. Wählt man eine weite Definition sozialer Bewegungen, etwa Gruppen, die für ein gemeinsames Ziel handeln, lassen sich die antiken Sklavenaufstände mit gängigen soziologischen Theorien beschreiben. Dies soll in dieser Arbeit versucht werden. Untersuchungsgegenstand sind die drei größten Sklavenaufstände, furiose Rebellionen, die zu langwierigen Kriegen gerieten und die römische Welt in Atem hielten: Der erste und der zweite sizilische Aufstand (ca. 136-132 / 104-101 v. Chr.) sowie die Erhebung des Spartakus in Italien (73-71 v. Chr.). Interessant sind sie als ¿unorthodoxes¿ Anwendungsbeispiel für die soziologische Beschreibung sozialer Bewegungen nicht zuletzt, weil darin eine fruchtbare Herausforderung für die Theorie bestehen könnte. Zur Erörterung der Sklavenaufstände wird hauptsächliche die Theorie kollektiven Handelns von Mancur Olson herangezogen, verlinkt mit Teilannahmen zur Rolle von ¿frames¿ und Identität in sozialen Bewegungen.