Blinde Flecken - (Re-)Konstruktionen von Vergangenheit in der aktuellen Literatur

Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Literatur- bzw. generell in der Medienlandschaft spricht man in den letzten zehn Jahren von einem regelgerechten ¿Erinnerungsboom¿. Plötzlich sind auch Themen von Interesse, die zuvor weniger Berücksichtigung fanden, zumindest auf offizieller Ebene. Im Zusammenhang dieser Arbeit möchte ich von ¿blinden Flecken¿ sprechen, von Leerstellen im Geschichtsbewusstsein, die nach und nach an die Oberfläche der Erinnerungskultur transformiert werden. Neben den Themenkomplexen ¿Flucht und Vertreibung der Deutschen während des "Zweiten Weltkrieges"¿, ¿Bombardierung der deutschen Städte und das Leid der Zivilbevölkerung¿ sowie die ¿Erfahrungen von Soldaten während der Kriegsgefangenschaft¿ sind die ¿Rolle der Wehrmacht im Regime des Nationalsozialismus¿ und die ¿Erfahrungen der Nachkriegsgeneration in der Zeit des "Wirtschaftswunders"¿ zu den ¿blinden Flecken¿ im Geschichtsbewusstsein zu rechnen, welche nun allmählich von der deutschen Erinnerungskultur entdeckt werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus literaturwissenschaftlicher Perspektive mit der (Re-)Konstruktion von Vergangenheit. Untersucht werden soll, wie in der aktuellen Literatur (der älteste der untersuchten Romane stammt von 1998) ¿blinde Flecken¿ in der Vergangenheit der deutschen Geschichte dargestellt bzw. der Wahrnehmung zugeführt werden. Anhand der Romane ¿Am Beispiel meines Bruders¿ von Uwe Timm, ¿Unscharfe Bilder¿ von Ulla Hahn und ¿Der Verlorene¿ von Hans-Ulrich Treichel werden unterschiedliche thematische Schwerpunkte der jüngsten deutschen Literatur beleuchtet, die die These vom ¿Paradigmenwechsel in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik¿ (aufgestellt vom Sozial- und Kulturwissenschaftler Harald Welzer) untermauern. Ob sie jedoch im Zusammenhang mit der Transformation der Täter- in eine Opfergesellschaft als Werke betrachtet werden können, welche diesen Prozess befördern, soll am Ende dieser Arbeit hinterfragt werden. Bevor die einzelnen Prosatexte analysiert werden und gezeigt wird, wie sie ¿blinde Flecken¿ bzw. ¿Leerstellen im Geschichtsbewusstsein¿ der Leser der Wahrnehmung zuführen bzw. füllen, ist es notwendig einige theoretische Grundlagen (Erinnerungskultur der Bundesrepublik nach 1945; ¿Globalisierung der NS-Vergangenheit¿; Gedächtnistheorien; Verhältnis von Literatur, Gedächtnis und Geschichtsschreibung).

Verwandte Artikel