Currywurst & Co.

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war Fast Food eine ungewollte Notwendigkeit der breiten Bevölkerung, die sich keine aufwendige Küche leisten konnte. Als das Bürgertum zur vorherrschenden Gesellschaftsschicht wurde, wurden mehrgängige Menüs und Restaurants mit Speisen à la carte zum Standard, an dem sich später auch die Arbeiterschaft orientierte. Die Fleißrevolution, die doch Anlass geboten hätte, das Essen zu beschleunigen, brachte mit Kartoffeln und Kaffee weitere verlangsamende Elemente in die Ernährung. Die Jahrtausende alte Imbisskultur der 'kleinen Leute' blieb in sich stets wandelnden Formen bis zur Gegenwart erhalten und fand nach 1900 auch Liebhaber im Bürgertum, die gerne die eine und andere Abkürzung der Ernährung in ihren Lebensstil implementierten. Impulse zur Beschleunigung kamen aus dem wachsenden Wohlstand, technologischen und organisatorischen Innovationen, politischen Einflüssen und der Industrialisierung. Trotzdem gab es keine gerade Linie zu immer schnellerem Essen. Trends zur Beschleunigung standen und stehen retardierende Elemente gegenüber. Erst die Auflösung des Bürgertums und die Individualisierung der Lebensstile seit den 1960er Jahren verhalfen Fast Food zur Vorherrschaft in der Ernährung.

Arnd Kluge ist Privatdozent für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Regensburg und Stadtarchivar von Hof. Seine Forschungs- und Publikationsschwerpunkte sind Genossenschafts-, Zunft-, Konsum-, Stadt- und Regionalgeschichte.

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