Danke, Gustav!

Schwule Geschichte von fast 100 Jahren: Im Nationalsozialismus vor dem Zweiten Weltkrieg 1936 im Rheinland geboren, wächst Harm-Peter Dietrich in der biederen Welt des Adenauer-Nachkriegsdeutschlands und des Wirtschaftswunders auf. Nachdem er sich früh der eigenen Sexualität bewusst wird, lebt er ein zunehmend selbstbewusstes Leben als junger Schwuler in einer Gesellschaft, die Homosexualität immer noch streng bestraft - ungeachtet tragischer Folgen bis zu Verhaftungen von Schwulen und Selbstmorden in seinem eigenen Umfeld. Schwule Identitäten müssen strikt geheim gehalten werden - das ist die Realität für Schwule in der frühen Bundesrepublik. Als die Emanzipationsbewegungen der 1960er in Kalifornien auch den Homosexuellen in aller Welt gleichermaßen Freiheit und Gleichberechtigung verheißen, entschließt sich Harm-Peter Dietrich zur Auswanderung und erlebt in San Francisco eine arbeitsintensive, lustvolle und experimentierfreudige Zeit. In Deutschland wird vom damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann 1969 dann die grundlegende Reform des §175 angestoßen - eine biografische Zäsur: Einvernehmlicher Sex zwischen Erwachsenen, unabhängig von Geschlecht und Orientierung, wird straffrei. Neue deutsche schwule Lebenswelten entstehen. Doch mit Beginn der 80er-Jahre muss Dietrich als Arzt und Freund ansehen, was zur allgemeinen Katastrophe wird: Durch AIDS werden Hunderttausende dahingerafft. Dietrich selbst verliert den größten Teil seiner Freunde und erlebt einen jahrzehntelangen Kampf gegen diese Krankheit. Daneben schreibt Harm-Peter Dietrich über die wichtigen Bücher, Theaterstücke, Filme, Musik - über all das, was Schwule seit der frühen Bundesrepublik bewegt hat. Dietrich illustriert damit die facettenreiche, bunte und unterhaltsame, manchmal traurige, wütend machende Welt, in der Homosexuelle gelebt haben und leben. Harm-Peter Dietrich ist einer der wichtigen Zeitzeugen schwuler Geschichte. Biografisches verbindet er gekonnt mit Zeitgeschichte und lässt die Lebenswelten Homosexueller in Deutschland und den USA, später in Südafrika, Fernost und zuletzt wieder in Berlin lebendig werden. Seine Geschichte ist eine 'schwule Geschichte' des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Ein großer Lesegenuss!

Harm-Peter Dietrich, 1936 nahe Köln geboren, studierte Medizin an den Universitäten Tübingen, München und Göttingen und arbeitete nach Ausbildung zum Facharzt für Anästhesie/Intensivmedizin und Innere Medizin ab 1966 an Kliniken der LMU München. 1972 holt er das amerikanische Staatsexamen nach, geht mit der Absicht zur Auswanderung mit einem Stipendienvisum in die USA und arbeitet am Presbyterian Hospital der Stanford University in San Francisco. Aufgrund neuer Visabestimmungen kehrt er ans Klinikum Großhadern der LMU München zurück - und trifft den Mann seines Lebens. Ab 1982 übernimmt er Aufgaben im medizinischen Bereich der Aktivitäten eines global agierenden Pharmaunternehmens im Raum Frankfurt/Main mit Arbeitsaufenthalten in Südafrika, Südostasien/Fernost und ab 1995 für abschließende drei Jahre in Hongkong. Harm-Peter Dietrich lebt im Ruhestand in Berlin.

Verwandte Artikel

Danke, Gustav! Dietrich, Harm-Peter

18,00 €*