Das Dokumentartheater der 20er und 60er Jahre. Ein Vergleich

Studienarbeit aus dem Jahr 2021 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Universität Regensburg (Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Die dokumentarische Bewegung der Sowjetunion, welche Mitte der Zwanzigerjahre entsteht, wird von Schmidt als ¿eine organisierte soziale Bewegung zur umfassenden Dokumentation und publizistischen Verarbeitung der konkreten Fakten des [¿]sozialistischen[¿] Aufbaus¿ definiert. Diese umfassende Aufbauarbeit, welche eine rasante Industrialisierung, kulturrevolutionäre Ziele sowie die Zwangskollektivierung mit sich bringt, nimmt mit ihren weitreichenden Folgen auch Einfluss auf die literarische Praxis und deren Methoden, scheinen doch die vorsozialistischen, literarischen Formen und Traditionen nicht mehr zeitgemäß. Die Entwicklung der Bewegung hat ihre Wurzeln bereits in der literarischen Produktion der Bürgerkriegsjahre. Besonders wichtig in diesem Zusammenhangen ist dabei die Arbeit der proletarischen Schriftsteller in Form sogenannter öerki, mit welchen sie die Realität authentisch darstellen sowie sich unmittelbar an ihrem Geschehen beteiligen wollen. So verstehen sich viele Schriftsteller dieser Zeit zunehmend als Journalisten, welche das Ziel verfolgen, sich ¿organisch in die Aufbauarbeit ein[zugliedern] und [¿] nicht nur die Kunst, das Leben zu konterfeien, sondern auch [¿] zu verändern[, zu lernen].¿ Demzufolge liegt der operative Charakter der öerki nach Tret¿jakov in dieser aktiven Teilnahme am Gesellschaftsleben, welche jedoch zunächst eines Beweises bedarf. Für diesen notwendigen, authentischen Nachweis eignet sich demnach die dokumentarische Methode, mit welcher der Schriftsteller eigene Erfahrungsberichte aufgreifen und sich somit selbst sowie seine Beteiligung am Aufbau legitimieren kann. Neben der journalistischen Arbeitsweise kommen gleichfalls auch wissenschaftliche Darstellungsmethoden zur Anwendung, wobei zum Zweck der Veröffentlichung neuer, wissenschaftlicher Einsichten auf die Dokumentarliteratur zurückgegriffen wird. Während in der Epoche des Realismus sowie Naturalismus Einflüsse und Vorbilder aus dem Ausland meist eine radikale Ablehnung seitens Deutschlands erfahren haben, kommt es in der Zeit der Neuen Sachlichkeit zur ¿partielle[n] Erosion jener Nationalästhetik¿.