Das Flugzeug als Bezwinger der Abgrenzungen ¿ negative Bilder der jungen Luftfahrt

Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Weltgeschichte - Moderne Geschichte, Note: 1,3, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (Historisches Seminar), Veranstaltung: Die vernetzte Welt - visionäre Szenarien und apokalyptische Bedrohungen, Sprache: Deutsch, Abstract: Bereits in der griechischen Mythologie ist die ¿Doppelgesichtigkeit¿ der Luftfahrt auf bemerkenswerte Weise in der Sage von Ikarus und Dädalus vorgezeichnet: zwar gelingt es den beiden, mit Flügeln aus Wachs die Fähigkeit des Fliegens technisch zu realisieren, doch Ikarus wird schnell übermütig und fliegt zu hoch empor, sodass die Sonne die Wachsflügel auf seinem Rücken zum Schmelzen bringt und er ins Meer stürzt und stirbt. Diese technologische Hybris begleitet die Menschheit auch nach der Erfindung des modernen Flugzeugs bis zum heutigen Tage. ¿Der Traum vom Fliegen,¿ so Helmuth Trischler, ¿beruht, wie interkulturelle Vergleiche zeigen, auf einer anthropologischen Konstante: dem Streben nach der Entgrenzung, nach der Befreiung von der realen Raum-Zeit-Struktur. Ballon, Luftschiff und Flugzeug lieferten die technische Basis für die Verwirklichung des Traumes von Dädalus, dem irdischen Labyrinth durch die Luft zu entfliehen.¿ Wie bei allen revolutionären technischen Neuerungen wurde auch die Erfindung des modernen motorisierten Flugzeugs durch die Gebrüder Wright und dessen darauffolgende stetige Weiterentwicklung ¿ erst zur Attraktion, dann zur Kriegsmaschine und schließlich zum Massentransportmittel ¿ nicht nur von Begeisterung und utopischen Hoffnungen begleitet, sondern auch von Skepsis und Schreckensszenarien. Kühne Erwartungen an das Flugzeug als Friedensbringer wurden spätestens mit dem Ersten Weltkrieg zunichte gemacht, während die Literatur der Zwischenkriegszeit, wie zu zeigen sein wird, oftmals apokalyptische Bilder einer fatalen Kombination aus Luft- und Gaskrieg, oder eines totalen Bombardements heraufbeschwor. Trotz der düsteren Farben, mit denen diese beiden Szenarien ausgemalt wurden, fand Ersteres im italienischen Abessinien-Krieg, und Letzteres im Bombenkrieg des Zweiten Weltkriegs eine gewisse Bestätigung. Gleichzeitig findet dabei eine Metamorphose des Fliegerhelden vom bürgerlich-individualistischen ¿Ritter der Lüfte¿ zur im Dienste des faschistischen Kollektivs stehenden Verheißungsfigur statt. In dieser Arbeit soll daher insbesondere nach den negativen Bildern gefragt werden, die von der jungen Luftfahrt evoziert wurden. Hierbei soll weniger die Ereignisgeschichte im Zentrum der Betrachtung stehen, als vielmehr die Wahrnehmung derselben durch die Zeitgenossen, die in Zeitungen, Literatur und Kunst ihre Erwartungen und Ängste äußerten.