Das Frauenbild in der Lyrik Erich Kästners

Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,0, Universität Koblenz-Landau, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Journalist und Schriftsteller Erich Kästner, der heute noch vor allem als Kinderbuchautor bekannt ist, hatte sich Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts besonders wegen seiner umfangreichen Gedichtproduktion einen Namen gemacht. Bis zum Beginn der NS-Diktatur 1933 erschienen vier Gedichtbände: Herz auf Taille (1928), Lärm im Spiegel (1929), Ein Mann gibt Auskunft (1930) und Gesang zwischen den Stühlen (1932). 1 Auffällig an diesen Gedichten aus der Epoche der Neuen Sachlichkeit ist die überdurchschnittlich häufige Auseinandersetzung mit Frauen als solchen, die hier immer wieder mit bestimmten - oft negativen - Charaktereigenschaften, Verhaltensmustern, etc. versehen werden. Tatsächlich wurde das von Kästner in seinen Werken vermittelte Frauenbild vielfach angegriffen - und zumeist auf seine Biographie zurückgeführt. 2 Ein Internetartikel, der zu Kästners hundertstem Geburtstag erschienen ist, spricht von dessen Verhältnis zu Frauen: 'Keine entsprach letztlich seinen Vorstellungen, und aus vielen seiner Verse spricht tatsächlich eine empörende Geringschätzung des weiblichen Geschlechts.' 3 Hermann Kesten schreibt Kästners Werk einen immer wieder auftauchenden 'gewissen koketten Antifeminismus' 4 zu, ohne diesen aber näher zu erläutern. Man scheint mit einiger Berechtigung fragen zu dürfen, ob Kästner in seinen Gedichten das weibliche Geschlecht differenziert realistisch - und gemäß der Gesinnung der Neuen Sachlichkeit - sachlich darstellt, oder ob hauptsächlich persönliche Vorurteile widergespiegelt werden. Klaus Kordon stellt außerdem fest, daß Kästner zumindest in seinen Kinderbüchern an seine weiblichen Hauptfiguren keine hohen Anforderungen stellt. 5 Läßt sich etwas Ähnliches auch für die Lyrik feststellen? In seiner Prosaischen Zwischenbemerkung, enthalten im Gedichtband Lärm im Spiegel, fordert Kästner, ein lebendiges Gedicht müsse nützlich, 'seelisch verwendbar' sein, derart, daß es den Leser innerlich bewege, weil der Dichter es 'im Umgang mit den Freuden und Schmerzen der Gegenwart' 6 geschrieben habe; weil diese Dichter 'wie natürliche Menschen empfinden und die Empfindungen (und Ansichten und Wünsche) in Stellvertretung ausdrücken'. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Antwort darauf zu versuchen, inwieweit das Frauenbild, das Kästner in seinen Gedichten zeichnet, zu vereinbaren ist mit seinen selbstformulierten Ansprüchen an gute Lyrik.