Das Mirakelbuch. Historische Erzählungen aus dem Westerwald

'Eng drängten sich die Buchstaben aneinander, nur selten gab es Durchgestrichenes und es war eine saubere, gleichmäßige Handschrift, wie man sie nur durch regelmäßiges Üben erhielt. Das Papier knisterte, als sie die übrigen Seiten durch die Finger gleiten ließ. Bis zur Hälfte war das Buch beschrieben. Da sie sich vom letzten Eintrag den größten Aufschluss erhoffte, beschloss sie zunächst dort weiter zu lesen. Mit der flachen Hand strich sie über die Falz. Dabei bemerkte sie gleich, dass sich das Schriftbild von jenem im ersten Eintrag unterschied. Ungleichmäßig, fehlerhaft schienen die Worte hingeworfen, beinah, als seien sie in größter Eile oder unter erschwerten Umständen geschrieben worden ...' Ein geheimnisvolles Mirakelbuch in den Habseligkeiten eines stummen Mädchens ... Wolfsspuren im frisch gefallenen Schnee ... ein ausgesetzter Säugling vor der Klosterpforte ... ein blutiger Dolch, von der Tochter des Burgherrn im Wald verscharrt ... Zwölf historische Geschichten, eingebettet in die waldreichen Hügel des Westerwaldes, erzählen von Liebe und Verlust, Angst und Mut, Sehnsucht und Verzweiflung. Sie entführen ihre Leser in die mittelalterlichen Städtchen des Westerwaldes, auf die Bergfriede einstiger Burgen, hinter die Pforten von Klöstern und Kapellen. Und am Ende einer jeden Erzählung ist man sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sich das soeben Gelesene nicht tatsächlich in jenen Tagen zugetragen haben könnte ...

Michaela Abresch, Jahrgang 1965, geboren und aufgewachsen im Westerwald. Nach mehreren Veröffentlichungen in verschiedenen Anthologien ist Das Mirakelbuch ihr erster eigener Erzählband. Michaela Abresch lebt mit ihrer Familie in Dierdorf, einer Kleinstadt im Westerwald, und ist tätig in der pädagogisch-pflegerischen Arbeit mit schwerstmehrfachbehinderten Menschen. 'Die Vergangenheit ist wie ein See mit einer unermesslichen Vielfalt an Geschichten, die nur darauf warten, heraus gefischt zu werden. Einige sträuben sich anfangs ein wenig, für sie brauche ich Geduld und die richtigen Worte, sie zu zähmen. Aber die meisten rufen nach mir.'

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