Das Orgelwerk von Wolfgang Rihm

'Die Orgel war für mich das Ermöglichungsinstrument' - da man dem jugendlichen Komponisten noch kein Orchester anvertrauen wollte, suchte sich Wolfgang Rihm zu Beginn seines kompositorischen Schaffens ein Instrument, das ihm neue musikalische und kreative Welten erschließen konnte: die Orgel. Ohne Zweifel zählt Wolfgang Rihm, der im März 2022 seinen 70. Geburtstag feiert, zu den zentralen deutschen Komponisten und Musikerpersönlichkeiten der Gegenwart. Wirkt er mit seinem expressiven Musiktheater, seinen großformatigen Orchesterwerken und einer äußerst vielgestaltigen Kammermusik fast omnipräsent im aktuellen kulturellen Leben, so liegen die Anfänge seines Schaffens nahezu im Dunkeln. Und diese Ausgangspunkte sind untrennbar mit der Orgel verbunden. Hinter den wenigen bekannten und gedruckten Orgelkompositionen Rihms verbirgt sich ein umfangreiches Frühwerk. Wie wichtig dieser Aspekt für Wolfgang Rihm ist, verdeutlicht seine eigene Einschätzung: 'Vielleicht haben diese 'frühen' Stücke (...) mehr mit mir zu tun - wie ich jetzt bin - als manches dazwischen Entstandene.' Dass aber gerade in seinen Orgelwerken ein wesentlicher Faktor der musikalischen Sprachfindung, der kompositorischen Persönlichkeitsbildung begründet liegt - diesen Spuren lohnt es sich bei der Erschließung des Schaffens von Wolfgang Rihm nachzugehen.

Martin Schmeding ist Professor für Orgel in Leipzig und Birmingham. Neben einer umfangreichen pädagogischen und künstlerischen Tätigkeit (Echo Klassik, Preis der Deutschen Schallplattenkritik) beschäftigt er sich mit aufführungspraktischen und musikwissenschaftlichen Themen (u.a. Neu-Editionen der Werke für Orgel und Pedalflügel von Robert Schumann. Dissertation zum Orgel- und Frühwerk von Wolfgang Rihm).