Das Recht der Tablettes Albertini.

Die Tablettes Albertini sind der wichtigste und umfangreichste Fund lateinischer Kaufurkunden der Antike. Sie wurden im Vandalenreich gegen Ende des fünften Jahrhunderts n. Chr. verfaßt und sind die einzige erhebliche Quelle zur Fortgeltung des römischen Rechts in diesem Germanenreich. Die 1928 entdeckten Urkunden sind im Jahre 1952 ediert worden. Trotz ihrer offensichtlichen Bedeutung waren sie bisher nur unzureichend erforscht. Hendrik Weßel kann den Urkunden zu einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Bereiche des klassischen wie des spätantiken römischen Rechts neue Erkenntnisse abgewinnen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Recht des Kaufs von Grundstücken und seiner Umsetzung in Kaufurkunden. Weitere Schwerpunkte bilden Erörterungen zu Erbpacht- und Wegerechten und zum Familienrecht. Die Tablettes Albertini ermöglichen es, die Entwicklung des Kaufrechts und der Kaufurkunden seit der Zeit des klassischen Rechts nachzuvollziehen. Veränderungen sind dabei durchaus feststellbar, eine Vulgarisierung des Rechts, wie bisher oft angenommen, ist jedoch in keinem Fall erfolgt. Von besonderem Interesse ist eine genaue Analyse der Eigenheiten der verschiedenen Schreiber der Urkunden. Sie zeigt, wie weit die Schreiber, die keine juristische Ausbildung hatten, das von ihnen verwendete Formular verstanden. Hieraus läßt sich ableiten, in welchem Umfang juristische Vorstellungen im Volk lebendig waren. Bekannt sind die Tablettes Albertini vor allem wegen ihrer Erwähnung eines Erbpachtrechts gemäß der lex Manciana, das im 1. Jhdt. n. Chr. den Kolonen auf kaiserlichen Ländereien in Nordafrika gewährt wurde. Es ergibt sich, daß es am Ende des 5. Jhdts. im wesentlichen fortbestand und nicht mit der in der Spätantike eingetretenen Unfreiheit der Kolonen in Widerspruch geriet. Der Autor zeigt die Anwendung des römischen Rechts in der Praxis. Hierzu werden auch die Lebensumstände der beteiligten Personen rekonstruiert und in die Auslegung einbezogen. Aufgrund dieses interdisziplinären Ansatzes ist die Arbeit nicht nur für Juristen, sondern auch für Althistoriker und Papyrologen von Interesse. Ausgezeichnet mit dem Preis des Institut de droit romain der Universität Paris II (Panthéon-Assas) im Rahmen des Quinto Premio Romanistico Internazionale di Diritto Romano Gérard Boulvert.

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