Das Rezipientenpassiv im Deutschen

Zwischenprüfungsarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 2,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Lange Zeit wurde in der linguistischen Literatur das sog. Vorgangspassiv, auch werden-Passiv genannt, als die einzige passivische Konstruktion im Deutschen angesehen. Grund dafür war das Streben, viele grammatische Erscheinungen mit den Regeln der lateinischen Grammatik zu erklären. Da das Latein nur ein Passiv kennt, galt auch die Meinung, dies treffe auch für das Deutsche zu. Erst als viele kontrastive Analysen gezeigt haben, dass es Sprachen mit mehr als einem Passiv gibt (vor allem in den slawischen und skandinavischen, aber auch einigen asiatischen Sprachen), fing man an, auch in der deutschsprachigen wissenschaftlichen Literatur von verschiedenen Arten des Passivs zu reden: Zustandspassiv, bekommen-Passiv, bleiben-Passiv, haben-Passiv, gehören-Passiv. Besonders viele Diskussionen hat die Frage des Status des Razipientenpassivs hervorgerufen. Aus der geschichtlichen Sicht lässt sich zuerst das Verb kriegen als eine Komponente des Rezipientenpassivs nachweisen. Das spätere Erscheinen des Verbs erhalten in dieser Funktion kann man mit dem Verhältnis zwischen bekommen und erhalten erklären: Es ist immer durchaus möglich, erhalten durch bekommen zu ersetzen, aber nicht immer ist bekommen durch erhalten substituierbar (Mihailova 2003: 145-146). Der Grund für die Diskussion über den Status des Rezipientenpassivs in der Literatur ist, dass die Verben, mit denen diese Art des Passivs gebildet wird, relativ viel eigenständige Semantik haben: Es ist schwer, die Hilfsverben bekommen, kriegen und erhalten von den entsprechenden Vollverben zu unterscheiden (Pittner/Berman 2004: 74). Anfangs konnte man der Konstruktion bekommen/kriegen/erhalten + Partizip II nur im Zusammenhang mit sog. Verben des Gebens begegnen. In letzter Zeit treten sie jedoch immer öfter in Sätzen auf, deren Vollverb gerade das Gegenteil von geben ausdrückt (Mihailova 2003: 146). Solche Sätze werden trotzdem oft für markiert oder ungrammatisch gehalten, z.B.: [...]

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