Das Stetigkeitsprinzip im neuen Bilanzrecht

Durch § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB wurde erstmals im deutschen Recht der Stetigkeitsgrundsatz im Sinne der Beibehaltung der Bewertungsmethoden kodifiziert; vorher galt nur das für das Bilanzrecht im engeren Sinne bedeutungslose Prinzip der Publizität von Stetigkeitsunterbre­ chungen. Stetigkeit der Bewertungsmethoden ist aber die Kernthese dynamischer Bilanzauf­ fassung; infolgedessen verbreitete sich die Befürchtung, daß das neue Bilanzrecht auf dieser Basis eine Art "dynamische Wende" einleiten, die höchstrichterliche Bilanzrechtsprechung sich veranlaßt sehen könnte, zur Dynamik zurückzukehren. Der Verfasser der vorliegenden Arbeit zerstreut in tiefschürfender Weise die Furcht der Sta­ tiker (und die Hoffnung der Dynamiker): Der Stetigkeitsgrundsatz des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB muß im Sinnzusammenhang mit den anderen kodifizierten Bilanzrechtsgrundsätzen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1-5 HGB) interpretiert werden. In dieser Sicht erweist er sich als (wichtiger) Objektivierungsgrundsatz und damit als ein Prinzip, das, ähnlich wie das Stichtagsprinzip, durch Beschränkung von Ermessensspielräumen den bilanzrechtlichen Vorsichtsgrundsatz si­ chert. Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift kann nichts entnommen wer­ den, was gegen diese statische Interpretation des Stetigkeitsprinzips spräche.

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