Der Buchenwald-Report

Als das Konzentrationslager Buchenwald am 11. April 1945 von Einheiten der 3. U.S. Army befreit wurde, befand sich in deren Gefolge ein Intelligence-Team unter der Leitung des jüdischen Offiziers Albert G. Rosenberg. Es hatte die Aufgabe, Erkenntnisse über die Geschichte Buchenwalds und die Zustände im Lager zu sammeln. Um dieses Team bei seiner Arbeit zu unterstützen, wurde von den befreiten Häftlingen ein Komitee ins Leben gerufen, das innerhalb von nur vier Wochen einen 125seitigen Bericht über das Konzentrationslager verfaßte. Federführender Kopf dabei war der Österreicher Eugen Kogon. Gleichzeitig haben ca. 120 Häftlinge ihre Lagererfahrungen dokumentiert. Ihre Aussagen haben sich in 168 Einzeltexten niedergeschlagen, in denen praktisch alle Aspekte des Lagerlebens und -sterbens festgehalten sind. Beide Textkörper, Bericht und Zeugenaussagen, eröffnen einen beispiellos detaillierten Einblick in den gesamten Mikrokosmos der Lagerwelt, seine Strukturen, seine Mechanismen, seinen «Alltag» und seine vollkommene, jeden Lebensbereich erfassende Inhumanität. Geschrieben direkt nach der Befreiung, noch unter dem akuten Eindruck des Erlebten, vermitteln diese Berichte Innenansichten einer Welt des Grauens, die den Leser an die Grenzen der Vorstellungskraft führen. In der Literatur zur Geschichte des Holocaust darf dieses Buch der Häftlinge von Buchenwald Anspruch auf einen besonderen Platz erheben.

<p>David A. Hackett ist Professor für Geschichte an der Universität von Texas in El Paso.</p>