Der Grundsatz "ne bis in idem" und seine Auslegung durch EuGH und OGH

Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Jura - Europarecht, Völkerrecht, Internationales Privatrecht, Note: 3, Karl-Franzens-Universität Graz (Europarecht), Veranstaltung: Europastrafrecht, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit der unterschiedlichen Auslegung des Doppelbestrafungsverbotes (¿ne bis in idem¿) durch den OGH und den EuGH. Das Verbot der Doppelbestrafung war schon im 5. Jh. vC im attischen Recht bekannt, ebenso im römischen Recht und im Sachsenspiegel. Dieses fand 1791 als Grundfreiheit Eingang in die französische Verfassung, ebenso in das 5. Amendment der Verfassung der USA (als Verbot des ¿double jeopardy¿). Dieses Recht findet sich nicht in der EMRK selbst, sondern ist erst durch das 7. Zusatzprotokoll, welches durch Österreich ratifiziert wurde, aufgenommen worden. Durch erhebliche Auslegungsschwierigkeiten wird dieser Artikel in der Lehre oft auch als das ¿verflixte Siebente¿ bezeichnet. Dieses Recht dient dem Schutz des Normunterworfenen vor einem neuerlichen Strafverfahren, nachdem bereits ein Strafprozess durch einen Frei- oder Schuldspruch abgeschlossen wurde. Die Ziele des Doppelbestrafungsverbotes sind Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Strafjustiz. Diese ¿Sperrwirkung¿ betrifft lediglich Strafen im Sinne des Art. 6 EMRK, also dem Recht auf ein faires Verfahren, nicht aber andere Sanktionen wie administrative Maßnahmen wie zB den Lenkberechtigungsentzug und Disziplinarmaßnahmen. Die rechtskräftige Aburteilung muss nicht vor einem Richter stammen, es kann sich durchaus auch um ein Urteil einer Verwaltungsbehörde handeln, da man darunter die förmliche Verhängung einer Strafe wegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens, mithin also auch eine rechtskräftige Strafverfügung oder ein solches Straferkenntnis, zB nach dem österreichischen Verwaltungsstrafgesetz - VStG, einer Verwaltungsstrafbehörde versteht. Auch ein Strafbefehl ist denkbar. Selbst unter dem Begriff ¿Freispruch¿ ist nicht bloß ein richterliches Urteil zu verstehen, sondern auch eine Verfahrenseinstellung einer Verwaltungsbehörde, sofern das Verfahren strafrechtlichen Charakter hatte. Sind Anklagefakten in Bezug auf die erfolge Verurteilung unwesentlich, sind sie durch das Urteil konsumiert. Der EuGH versteht darunter auch eine Verfahrenseinstellung der Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft) unter Auflagen, wenn darin eine Ahnung der Tat zu sehen ist und damit der staatliche Strafanspruch konsumiert ist. Der EuGH legt also ein extensives Verständnis an den Art. 54 SDÜ an.

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