Der Staatsbegriff im petrinischen Rußland.

Das Buch behandelt die herrschaftstheoretischen, sozialen und instrumentellen Komponenten des russischen Absolutismus unter Peter I. (1689 - 1725). Als Quellengrundlage dienen sämtliche Gesetze der Epoche, Briefe des Zaren, Schriften seines Chefideologen Feofan Prokopovic, Darstellungen russischer Zeitzeugen sowie Berichte ausländischer Diplomaten. Folgende Ergebnisse zeichnen sich ab: Die Weite des Raumes bewirkte eine Asymmetrie der Macht, die darin bestand, daß der Wille des Herrschers zwar in seiner unmittelbaren Umgebung bestimmend war, nicht jedoch an der Peripherie des Reiches. Den multinationalen Charakter der Bevölkerung suchte man offiziell herunterzuspielen. Anders als im westeuropäischen Ständestaat knüpfte der russische Absolutismus nahtlos an die Strukturen der Moskauer Autokratie an, wobei die Machtmittel nach westlichen Standards modernisiert wurden. Ergänzend zu den gewohnten Legitimationstopoi der Zarenherrschaft - Tradition und göttlicher Wille - fand neu der westeuropäische Begriff des Allgemeinwohls Eingang in die russische Staatstheorie, ohne daß Zar oder Senat diesen Wert klar definieren konnten. Die Wirtschaftspraxis trug merkantilistische Züge. Gesellschaftspolitisch zeichneten sich Nivellierungstendenzen ab. Um Rußland eine Vormachtstellung unter den Großmächten zu erkämpfen, führte Zar Peter fast ununterbrochen Angriffskriege und brachte sich damit in Gegensatz zu allen Schichten der Bevölkerung, die unter steigenden Belastungen litt. Hinsichtlich seines Hegemonialstrebens, der Vorliebe für Mammutprojekte, des Einsatzes von Zwangsarbeit und der skrupellosen Ausschaltung innenpolitischer Gegner könnte Peter I. als Ziehvater Stalins aufgefaßt werden.

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