Der Sündenbock ¿ Zeitlose Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Phänomens

Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Pädagogik - Allgemein, Note: 1, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (Erziehungswissenschaften), Veranstaltung: Behinderung, Historische und inklusionspädagogische Perspektiven, Sprache: Deutsch, Abstract: Je komplizierter und unübersichtlicher die moderne Welt wird, um so mehr wächst die Nachfrage nach Orientierung so Nagorni (1993, 7). Antisemitismus wäre ein solches Ordnungsmuster, welches einfache Erklärungen für komplexe Sachverhalte liefert. So ist es beispielsweise zu erklären, dass auch nach dem Schrecken des Zweiten Weltkrieges, der Antisemitismus nicht mit dem Kriegsende zu Ende ging. Stereotype und Ausländerfeindlichkeit treten immer wieder in den Vordergrund von Diskussionen, die wir lange schon hätten überwinden sollen. Dass der Mensch Kategorien und Stereotype bilden muss ist verständlich, denn dadurch verkürzt er seine Handlungen. Er bildet Kategorien aufgrund seiner Erinnerungen und dem Wissen, welches er sich im Laufe seines Lebens angeeignet hat. Es wäre für den Menschen unmöglich, ständig neue Gedankengänge bei jedem Objekt zu bilden. Dies bildet auch die Grundlage für unser stereotypes Denken und auch, dass sich jener Sündenbockmechanismus bildet, der Thema unserer Seminararbeit ist. Der Sündenbockmechanismus besteht somit immer in unserer Gesellschaft, das Schwarz-Weiß Klischee, die Einteilung in Schafe und Böcke, Freunde und Feinde, Gut und Böse (Nagorni, 1993, 7) ist immer noch gesellschaftlicher Alltag. Dies dient dem inneren Zusammenhang in der eigenen Gruppe, und lässt Stereotype entstehen, die sich als Aggression und Gewalt gegenüber anderen äußern. Die Geschichte zeigt uns, dass immer wieder die Juden als Projektionsfläche für die latente Gewaltbereitschaft der Gesellschaft herhalten mussten, sei es damals, zur Zeit der Schwarzen Pest, wo sie beschuldigt wurden, das Brunnenwasser vergiftet zu haben, als auch während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Buch des französischen Literaturkritikers René Girard verweist darauf, dass das menschliche Zusammenleben eines der wohl größten anthropologischen Probleme darstellt. Die wohl erkenntnisreichste Einsicht Girards; anhand griechischer Mythen erklärt er, dass sobald es zu einer Krise kommt, die einem zu jener Zeit unerklärlich erschien (z.B.: Naturkatastrophen, Dürre¿), jemand dafür gerade stehen musste. Es bildet sich ein gemeinsames Feindbild, dem die Schuld für die Krise in die Schuhe geschoben wird. Dieser sogenannte Sündenbock zählt meist zu einer gesellschaftlichen Minderheit. Girard verdeutlicht dies vor allem an den Beispielen der Hexenverfolgung und der Judenverfolgung im 14. Jahrhundert.