Der Sultan und die Photographie. Osmanische Selbstdarstellung unter Abdülhamid II.

Studienarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Orientalistik / Sinologie - Allgemeines u. Übergreifendes, Note: 1,7, Universität Basel (Nahoststudien), Veranstaltung: Odalisken, Derwische und Minarette. Typen und Topoi des Orientalismus in der historischen Fotografie., Sprache: Deutsch, Abstract: Welche Art von Politik und Selbstdarstellung betrieb der letzte absolutistische, über drei Dekaden hinweg regierende Sultan Abdülhamid II. aus dem Hause Osmans wirklich? Wie versuchte Abdülhamid II. dem Westen während seiner Herrschaft das Osmanische Reich darzustellen und welche Rolle spielte dabei vornehmlich die Photographie als revolutionäres Mittel der visuellen Wahrnehmung in seiner Ära? Diese vorangestellten Fragen bilden mithin den Leitfaden der Seminararbeit, wobei sie möglichst aus der Perspektive Abdülhamids II. erörtert werden sollen. Angefangen mit einer knappen Abhandlung über seine Jugend bis hin zu den schwerwiegenden außenpolitischen Herausforderungen bei seinem Herrschaftsantritt, sollen im Hauptteil unter anderem das Verhältnis Abdülhamids II. zur Photographie sowie die Anwendung derselben unter seiner Herrschaft im Osmanischen Reich dargelegt werden. Im Anschluss wird eine Auswahl an außergewöhnlichen Photographien aus den in der Britischen Nationalbibliothek befindlichen hamidischen Alben analysiert und der jeweiligen Kategorie nach in ihren historischen Kontext eingeordnet, wobei auf die realen Gegebenheiten in der Innenpolitik des Sultans das Hauptaugenmerk gelegt werden soll. Den Schlussteil bildet eine Konklusion der Ergebnisse aus den Fotoanalysen. Kaum eine andere politische Persönlichkeit aus der jüngsten osmanischen Vergangenheit sorgte für mehr Kontroverse als Sultan Abdülhamid II., der von sämtlichen ideologischen Lagern aufs Äußerste diffamiert und zugleich hochgelobt wurde. So reichen die ihm zugeschriebenen Attribute groteskerweise von 'undemokratisch', 'autoritär' sowie 'rückständig' bis hin zu 'demokratisch' und 'progressiv'. Für seinen wohl größten zeitgenössischen Kritiker, den britischen Premier William Ewart Gladstone, war er 'the unspeakable Turk' ('der entsetzliche Türke') und 'Grand Assassin' ('Großer Attentäter'). Ähnlich stand es um ihn in der offiziellen Geschichtsschreibung der Türkischen Republik, die insbesondere von ihrer Gründung 1923 bis zum Ende der Einheitspartei-Diktatur unter der republikanischen CHP im Jahre 1946 durchwegs kemalistisch geprägt war und ihn ganz im fortgeführten Stile der Jungtürken als 'K?z?l Sultân' ('Blutrünstiger Herrscher') diskreditierte. Der türkische Dichter und Denker Necip Faz?l K?sakürek hingegen, in dem heute zahlreiche konservative Türken ein großes ideologisches Vorbild sehen, gedachte seiner Person stets ehrerbietig als 'Ulu Hakan' ('der erhabene Anführer').