Der Wilde Freiger

Der deutsche Michel hatte im Völkermorden des Weltkrieges das Träumen verlernt. Er stand da, einsam und stark. Trotzig, mit gespreizten Beinen trat er in den Kampf und Wettbewerb des Friedens. Er mußte zurückerobern, was er durch jahrelange, stahlharte Friedensarbeit erreicht und was der Krieg ihm zerstört hatte, wie ein rauher Holzfällerstiefel, der in einen Ameisenhaufen tritt. Kopf hoch und die Hemdärmel geschürzt! In die schwieligen Hände gespuckt! Hei! wie die Funken stoben! Ein ungeahnter internationaler Wettbewerb setzte in der Flugzeugindustrie ein. Ein atemraubendes Rennen und Tasten nach Erfolgen, die sich täglich, ja stündlich überboten. Es war nicht zu leugnen, daß Deutschland hier ins Hintertreffen geraten war. Schon im letzten Drittel des Weltkriegs, vor dem Zusammenbruch, konnte sich die deutsche Militärverwaltung nicht verhehlen, daß die feindliche Fliegerwaffe sowohl an Zahl als auch an Güte der einzelnen Typen der deutschen zeitweise überlegen war. Der Deutsche bei seiner Gründlichkeit und fachwissenschaftlichen Präzision bedurfte einer längeren Zeit der einzelnen Fortentwickelungen, und dazu traten die ungeheuren Schwierigkeiten der Materialbeschaffung, 13 die namentlich für die Motorenlieferung sehr oft unangenehme Ueberraschungen brachten. Nur die erstaunliche Organisation der deutschen Fliegerwaffe, die Tüchtigkeit der Flugzeugbesatzungen und die unglaublichsten Anstrengungen der Industrie vermochten es, im Wettbewerb kraftvoll hervorzutreten. Der Deutsche vollbrachte es, denn er wollte es vollbringen.- Aus dem Buch Roland Betsch (1888-1945) war ein deutscher Ingenieur, Schriftsteller, Erzähler und Dramatiker.

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