Der letzte Zentaur

Auszug: 'Vom Turm der Frauenkirche schlug es Mitternacht. Ich kam aus einer Gesellschaft, in der man sich vergebens bemüht hatte, eine sehr lahme und trockene Unterhaltung mit gutem Wein in Fluss zu bringen. Der Kopf war mir immer heißer geworden und das Herz immer kühler. Endlich hatte ich mich weggestohlen in den sommerwarmen Mondschein hinaus und schlenderte ziellos durch die totenstille, taghelle Stadt, um den Unmut über die verlorenen Stunden verdampfen zu lassen. Als ich an der ehrwürdigen Marienkirche vorbei durch das Frauengässchen in die Kaufingergasse trat, blieb ich plötzlich stehen. Mir gegenüber lag, seine drei Stockwerke mit den dunklen Fenstern gegen Mitternacht erhebend, ein wohlbekanntes Haus mit vorspringender Ecke und einem blauen Laternchen über dem Eingang, in dem ich vor mehr als einem Jahrzehnt manche unvergessliche Nacht bei schlechterem Getränk als heute, aber unter feurigeren Gesprächen zugebracht hatte. Ich las die Inschrift über der zierlich geschnitzten, von zwei Karyatiden gestützten Holzumrahmung des Torwegs: »Weinhandlung von August Schimon«.

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