Der unübersetzte Horaz

Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Latinistik - Literatur, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Veranstaltung: Lateinisches Hauptseminar Horaz, Satiren, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Übersetzen tu ich nicht, und wenn du mich auf den Rost legst.' Schon Mörike sträubte sich vor dem Übersetzen (als Broterwerb), und doch sollte er sich zehn Jahre nach diesem Ausspruch an die Übersetzung des Horaz machen. Am Anfang des Übersetzens steht also der Widerstand gegen das Übersetzen. Der Anfang des Übersetzens kann ganz schnell das Ende des Übersetzens bedeuten. So hat man Horaz nicht nur übersetzt, man hat ihn auch nicht übersetzt. Was banal klingt, hat einen tieferen Sinn. Aus den unterschiedlichsten Motiven weigern sich Übersetzer, das Original sinngemäß oder möglichst treu zu übersetzen. Nahe liegende Motive wie Vermeidung von Obszönität oder Vulgarität spielen zwar eine Rolle, sind aber für das Nicht-Übersetzen nicht allein ausschlaggebend. Unser Augenmerk richtet sich vor allem auf das 18. Jahrhundert. Die Auseinandersetzung mit der deutschen, englischen und französischen Horaz-Rezeption - vertreten durch Wieland, Pope und La Beaumelle - soll die Übersetzungsarbeit der damaligen Zeit illustrieren. Dabei sollen die unterschiedlichen Beweggründe der jeweiligen Übersetzer für das Nicht-Übersetzen aufgezeigt werden. Horaz ist nicht nur kommentiert, er ist auch nicht kommentiert worden. Was für das Übersetzen des Horaz gilt, gilt genauso für die Kommentierung des Horaz. Zwei Kommentare des Horaz aus dem 20. bzw. 21. Jahrhundert sollen dahingehend untersucht werden, wann und wieso ein Kommentar sich eines Kommentars enthält. Dabei wird sich zeigen, daß auch das moderne Zeitalter Grenzen der Scham kennt, die die sexuelle Revolution der 60er Jahre aufzuheben versucht hatte. Der unübersetzte, unkommentierte und ungeliebte Horaz: Vielleicht kann uns dieser Horaz mehr über uns selbst sagen als der übersetzte, kommentierte und geliebte.

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