Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit - eine kritische Analyse der europäischen Geldpolitik

Diplomarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich VWL - Geldtheorie, Geldpolitik, Note: 2,0, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Lehrstuhl für Geld und Währung), Sprache: Deutsch, Abstract: Die schlechte konjunkturelle Lage in Europa hat in jüngster Zeit den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt. Der Koalitionsvertrag der rotgrünen Bundesregierung enthält eine kaum verklausulierte Aufforderung an die EZB, die Zinsen zu senken. 1 [...] Inwieweit die Unabhängigkeit der EZB durch Gesetze und durch ihre bisherige Politik soweit gefestigt ist, dass sie derartigem Druck stand halten kann, soll in dieser Arbeit geklärt werden. In Kapitel 2 wird zunächst darauf eingegangen, worin ein möglicher Nutzen einer expansiven Geldpolitik bestehen könnte. Dem gegenübergestellt werden die Kosten einer expansiven Geldpolitik, in Form von Inflation. Anschließend wird anhand des Zeitinkonsistenzmodells erläutert, warum nur eine von der Regierung unabhängige Zentralbank in der Lage ist, Preisniveaustabilität zu erreichen. In Kapitel 3 wird aufgezeigt, welche Determinanten erfüllt sein müssen, um eine Zentralbank als unabhängig zu bezeichnen. In der Literatur wird der Begriff Zentralbankunabhängigkeit unterschiedlich verwendet. Debelle und Fischer unterscheiden zwischen Zielunabhängigkeit und Instrumentenunabhängigkeit. Von Zielunabhängigkeit spricht man, wenn die Zentralbank ihre Ziele frei wählen kann. Instrumentenunabhängigkeit bedeutet, die Zentralbank kann nur die geldpolitischen Instrumente zur Erreichung eines vorgegebenen Ziels frei wählen.2 Grilli Donato und Tabellini unterscheiden bei der Zentralbankunabhängigkeit hingegen zwischen politischer und ökonomischer Unabhängigkeit. Politische Unabhängigkeit meint, dass die Zentralbank das Ziel Preisniveaustabilität verfolgt, ohne dabei Weisungen der Regierung zu unterliegen. Ökonomische Unabhängigkeit liegt dann vor, wenn die Zentralbank ihre Geldpolitik allein kontrollieren kann und nicht zu Maßnahmen wie z.B. Devisenmarktinterventionen bei festen Wechselkursen gezwungen wird.3 In Kapitel vier wird kritisch analysiert, inwieweit die im Kapitel drei untersuchten Determinanten der Zentralbankunabhängigkeit bei der EZB gegeben sind. Die formale Unabhängigkeit wird anhand der Bestimmungen der EZB-Satzung und des Vertrages zur Gründung der europäischen Gemeinschaft überprüft. Bei der faktischen Unabhängigkeit wird insbesondere auf die Diskussion um den Stabilitätspakt, die Auswirkungen der Lohnpolitik und die Rolle der öffentlichen Meinung in Europa eingegangen. Im letzten Abschnitt erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit.