Die Aushandlung von Enteignung

Das Wasserkraftwerk Belo Monte ist Sinnbild einer Entwicklungspolitik Brasiliens, die durch kapitalistische Expansion die Erschließung und Inwertsetzung des Amazonasgebietes fördert. Über die komplexen Mechanismen und Wirkungen der damit einhergehenden Enteignungsprozesse besteht bislang nur ein unzureichendes Verständnis.

Anhand der Verknüpfung von performativitäts-, anerkennungs- und demokratietheoretischen Ansätzen nimmt Sören Weißermel eine Konzeptualisierung des Enteignungsbegriffs vor und leistet so einen Beitrag zu einem fundierten Verständnis von Enteignung. Die empirische Analyse offenbart die Prekarisierung der vom Belo-Monte-Projekt betroffenen Bevölkerung, ausgelöst durch eine Politik der Nicht-Anerkennung komplexer Eigentumsstrukturen und damit verknüpfter Lebensweisen. Der Widerstand gegen Enteignung ist damit im Kern ein Kampf um die Anerkennung alternativer Wirklichkeiten. Die Arbeit verdeutlicht so den Aushandlungscharakter von Enteignung, die im Spannungsfeld der Prekarisierung Betroffener und ihrer Forderungen nach Anerkennung und Öffentlichkeit stattfindet. Dieser Aushandlungsprozess ist als ein Kampf um die materielle und symbolische Aneignung des Raumes zu verstehen.



Sören Weißermel, Studium der Geographie, Soziologie und Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und an der Universidad de Buenos Aires. Anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Stadt- und Bevölkerungsgeographie der CAU Kiel. Forschungsschwerpunkte u.a.: Humangeographie, Entwicklungsforschung, Postkoloniale Theorie und Politische Theorie.