Die Bühne der Amokläufer

Amokläufer suchen Berühmtheit. Auch Eric Harris und Dylan Klebold haben sich längst selbst medial in Szene gesetzt, bevor sie im April 1999 an der Columbine High School in Littleton (USA) Amok laufen. In selbst gedrehten Videos haben die jungen Männer sich zu der Tat geäußert und Abschied genommen. Ihr Tagebuch und die Aufzeichnungen der Überwachungskameras sind weitere Zeugnisse ihres Auftritts, bei dem zwölf Menschen sterben und 36 verletzt werden. Eine Rechnung, die auch im Fall Columbine aufgeht. Das Medienecho reicht um die ganze Welt, das meiste Material ist auch nach einem Jahrzehnt im Internet frei verfügbar. Und viele spätere Amokläufer tun es den Columbine-Schützen gleich, posieren und plaudern vor der Kamera für die Nachwelt. Woher kommt dieser Trend? Welche Faktoren lösten ihn aus? Und haben die Täter ihre mediale Nutzung zur Selbstdarstellung im Lauf der Jahre verändert? Anhand dreier Fallbeispiele zeichnet Jasmin Seiwert die Entwicklungslinien des Medieneinsatzes junger Schulamokläufer nach. Dazu wertet sie vorhandenes Videomaterial mit einer qualitativen Filmanalyse aus. Die Täter werden von einigen Verehrern als Märtyrer und Helden, sogar als Götter gesehen, deren Vorbild nachzueifern sei. Soll man ihnen also überhaupt eine mediale Bühne bieten?