Die Darstellung der Julikrise 1914 in der neueren Geschichtswissenschaft

Examensarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Note: 1,0, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg (Institut für Neuere Geschichte Wegner/Hansen), Veranstaltung: Außenpolitik Deutschlands von der Reichsgründung 1871 bis Ende des Dritten Reiches, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Julikrise 1914 war bis in die sechziger Jahre des letzen Jahrhunderts in der Geschichtswissenschaft kein umstrittenes Thema. Die 'Zunft' innerhalb und außerhalb Deutschlands hatte sich weitgehend auf die an Lloyd George angelehnte Formel, alle Mächte seien 1914 sozusagen unbeabsichtigt in einen Krieg hineingeschlittert, geeinigt. Ändern sollte sich dies erst mit Fritz Fischer. Sein Ziel war es, die Forschungslücke über die deutschen Kriegsziele im Ersten Weltkrieg zu schließen. Im Oktober 1959 erschien als erstes Ergebnis seiner Arbeit der Aufsatz ,,Deutsche Kriegsziele - Revolutionierung und Separatfrieden im Osten 1914 - 1918' in der Historischen Zeitschrift. Im Jahre 1961 folgte sein Buch ,,Griff nach der Weltmacht' in dem er seine bisherige Arbeit zusammenführte. Dieses Buch löste eine Diskussion aus, die weit über die Grenzen der Geschichtswissenschaft hinausging. Politik, Medien und die Öffentlichkeit nahmen in der Folge großen Anteil an der, zum Teil sehr emotional geführten, sogenannten 'Fischerkontroverse'. In diesem Zusammenhang werden gerne die verbalen Attacken von Franz Josef Strauß genannt, der Fischers Thesen als eine Verzerrung der deutschen Geschichte und eine Beschmutzung Deutschlands brandmarkte. Es wurde deutlich, dass die Geschichtswissenschaft sich in zwei Lager - Befürworter und Gegner der Thesen Fischers - gespalten hatte und diese jeweils erhebliche Unterstützung aber auch Kritik von außen - Öffentlichkeit, Politik, Medien, ausländischen Historiker - bekamen. Was aber war die Kernaussage Fischers, an der sich so viele kluge Köpfe stießen? Fischers Kernthese war, dass die deutsche Politik einen erheblich Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch eines umfassenden Krieges trug und bereits von Beginn des Krieges an eine festgelegte Kriegszielpolitik betrieb. Sowohl die politische als auch die militärische Führung Deutschlands hätten den serbisch und österreichisch-ungarisch- Konflikt bewusst ausgenutzt, um einen europäischen Krieg zu entfachen. Dagegen stand die traditionelle Sicht, dass die Haltung der deutschen Reichsführung in der Julikrise vergleichsweise gemäßigt gewesen sei und eigentlich den Frieden bewahren wollte, aber durch missgünstige Umstände den Krieg nicht mehr verhindern konnte. [...]