Die Druckkritik der Frühen Neuzeit. Der Buchdruck als trojanisches Pferd?

Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 2,3, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) (Institut für Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Kultur-Technik und Medium: Schreiben und Schrift in der Vormoderne, Sprache: Deutsch, Abstract: Bei einer Gegenüberstellung der Literatur des Hohen Mittelalters um 1200 nach Christus - vor der Medienrevolution durch Gutenberg - mit der in der frühen Neuzeit nach 1500 lässt sich schnell erkennen, dass sich in diesem relativ kurzen Zeitraum ein enormer Wandel im literarischen Leben vollzogen hat. Fürsten und adlige Herren als dominierende Auftraggeber für teure Handschriften und die höfische Gesellschaft als vorherrschende Rezipienten der literarischen Werke gehörten nunmehr der Vergangenheit an. Ebenso kam es bei deren Inhalten innerhalb dieser 300 Jahre zu einer Neuorientierung: Minnesang im Bereich der Lyrik sowie das Arthusrittertum im Bereich der Prosa zur Idealisierung der höfischen Welt wurden abgelöst von einer neuen literarischen Richtung mit bürgerlichem und geistlichem Gehalt. Dieser kirchliche Bereich machte mit dem Meistergesang zudem deutlich, dass die bürgerlichen Rezipienten durchaus für feierliche und kunstvolle Formkunst offen waren. Weiterhin fanden antike Werke durch den sich von Italien ausbreitenden Humanismus und die schnellere und kostengünstigere Herstellung gedruckter Werke leichter Zugang zu den Menschen. Mit der Übersetzung der Bibel durch Martin Luther und die darauf folgende Verbreitung der gedruckten Lutherbibel wurde die deutsche Literatur ab 1520 von den Auseinandersetzungen der katholischen Kirche mit dem neu entstandenen protestantischen Glauben bestimmt. Darüber hinaus kam es neben dem Rückzug des Adels aus der Literatur, und der damit an Einfluss gewinnenden bürgerlichen Gesellschaft, allmählich zu einer weiteren Vergrößerung des Leserpublikums. Denn nicht mehr allein die jungen oder erfolgreichen und damit maßgebenden Rezipienten waren ein Richterwert für die Themen literarischer Werke. Vielmehr trat der alternde Mensch als Leser hervor, der logische und besonnene Forderungen in die Literatur mit einfließen ließ. Auch die Aufmerksamkeit, die diese neuen Leser auf Religion, Unterricht und Fragen zu ihrem Leben richteten, spielten in der Themenwahl eine entscheidende Rolle. Diese Entwicklung des sich ausweitenden Rezipientenkreises in den verschiedensten Schichten der Bevölkerung hatte auch zur Folge, dass neue Handschiftenfabriken innerhalb Deutschlands entstehen konnten, wie beispielsweise die des Diebolt Lauber in Hagenau. Hier wurden literarische Werke nicht mehr nur nach Eingang eines Auftrags gefertigt, sondern auf Vorrat, um die gestiegene Nachfrage zu befriedigen.