Die Entwicklung der NATO in den 90er Jahren im Spannungsfeld von Identität und Interesse

Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Thema: Int. Organisationen u. Verbände, Note: n.n., Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Seminar für Politische Wissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Jamie P. Shea brachte die gewandelte Kernfunktion der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO) auf eine kurze Formel: 'For almost half a century the 1 task of the Western Allies was to prevent a war. Today it is to shape peace.' Shea kennzeichnete mit diesen prägnanten Worten und schon der semantischen Gegenüberstellung von Krieg und Frieden den veränderten Charakter und mehr noch die Motivation der NATO in einer veränderten Zeit. Sie möchte nicht mehr nur Krieg verhindern, sondern Frieden schaffen, sogar dort aktiv sein, wo Krieg herrscht. Nur welche Mittel sind der Herstellung von Frieden dienlich? Wo sind die Grenzen des friedensschaffenden Handelns? Recht, Interesse, Risiko? Shea würde die Frage bejahen, ob die NATO bisher zurecht Krieg für den Frieden geführt hat. Der NATO Sprecher stand wie kein anderer Mitarbeiter der Allianz während der Luftschläge gegen das serbische Regime und seine Streitkräfte in der Krisenprovinz Kosovo im Frühjahr 1999 im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Fast drei Monate werden tägliche Pressekonferenzen abgehalten, die Welt hört und sieht mit. Shea informiert, analysiert, spricht Warnungen aus, rechtfertigt, entschuldigt und kämpft - für die Luftoperation der NATO, die die Weltöffentlichkeit in Befürworter und Gegner gespalten hat. Die NATO verfolgte mit ihrer Aktion unanfechtbare Ziele. Der NATO Sprecher wurde in der Zeit der Pressekonferenzen, die ihm neben dem Kosovokrieg wie ein 'Krieg der Information' erschien, nicht müde, zu betonen, dass die NATO Luftschläge im Namen der Menschenrechte gegen ein diktatorisches Regime geführt wurden - der offiziellen NATO Meinung nach offensichtlich Gut gegen Böse kämpfte. Klar ist aber auch, dass die NATO mit ihrem Eingreifen in die offensichtlich innerstaatliche (serbische) Angelegenheit des Kosovokonflikts mehrere vertragliche Abmachungen missachtete, ja brach. Sie brach das Gewaltverbot, das in der Charta der Vereinten Nationen (VN) festgeschrieben ist. Sie missachtete die Hierarchie der institutionellen Kompetenzen, denn sie erhielt kein Mandat der VN für ein militärisches Einschreiten gegen Serbien. Sie agierte militärisch, zwar ausgestattet mit einer Konsensentscheidung der souveränen 19 Mitgliedsstaaten der NATO, außerhalb ihres Territoriums, das heißt 'out of area'. Sie konterkariert dabei die eigenen vertraglichen Verpflichtungen.

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