Die Figur der Kundry in Wagners Parsifal

Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: Sehr gut, Freie Universität Berlin (Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Richard Wagners ¿Weltabschiedswerk¿ Parsifal hat von seiner Uraufführung in Bayreuth am 26. Juli 1882 an die Gemüter erregt. Das Werk polarisierte ¿ abseits von äußeren Skandalen wie dem so genannten ¿Gralsraub¿, der rechtmäßigen Aufführung des Parsifal an der New Yorker Met vor Ablauf der deutschen Schutzfrist ¿ vor allem aufgrund seiner in vielen Augen verqueren Programmatik. Besonders die Figur des ¿reinen Toren¿ Parsifal, in der die Gleichsetzung von menschlicher Reinheit und sexueller Askese sinnfällig gestaltet ist, provozierte nicht selten wütenden Protest. Im Parsifal gewinnen Figuren an Kontur und Gewicht, die bei Wolfram von Eschenbach über ihre dramatische Funktion hinaus nicht allzu viel Beachtung erlangen. Kundry und Klingsor etwa, oder aber Amfortas, der bei Wagner mit Parsifal um den Status der Hauptfigur konkurriert. In seiner Zerrissenheit zwischen den ¿Wundern der irdischen Liebe und dem Wunder des Grals, das er, wie kein Anderer, erfahren hat¿ (Mertens 2003: 187), ist er ein komplexer Charakter, der Wagner vielleicht näher stand als jener letztlich engelhaft unfehlbare, jugendliche Parsifal. Wapnewski bringt es auf den Punkt, wenn er Parsifal einen ¿Jüngling ohne Eigenschaften¿ nennt ¿ ¿außer der, Amfortas und Kundry wieder werden zu lassen, was sie einst waren, nämlich unschuldig¿ (1986: 341). Der ¿Heilsbringer¿ Parsifal bewerkstelligt außerdem die Wiedervereinigung von Gral und Lanze, die eine ¿polare Einheit¿ bilden und ¿in dieser Polarität die Ordnung der Welt und den Bestand der Menschheit verbürgen¿ ¿ ¿und damit die Wiederherstellung der gestörten Ordnung der Welt¿ (Kühnel 1989: 196). Diese Einheit ist mit dem Einsetzen der Parsifal-Handlung zerbrochen, die Welt dualistisch zerfallen. Als Figur im Handlungsgeflecht ist Parsifal mithin unentbehrlich, als Figur für sich ¿ cum grano salis ¿ zu fromm, um wirklich zu faszinieren. Faszinierend dagegen ist Kundry, die bei Wagner bis auf ihren Namen nicht allzu viel mit ihrem Vorbild bei Wolfram teilt. Die vorliegende Arbeit beleuchtet Darstellung und Facetten der Kundry in Wagners ¿Parsifal¿, sieht Kundry im Lichte der Wagner'schen Frauenfiguren und vergleicht sie mit Wolframs von Eschenbach Cundrîe. Am Ende widmet sie sich der Schwierigkeit, wie mit emanzipierten Frauenfiguren zu verfahren ist, sowie Kundrys Fortleben im Fantasy-Genre.