'Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten'

Sind Frauen in Deutschland gleichberechtigt? Ja, meint Marianne Neuwöhner, zumindest, was den Bereich der Bildung angeht. Alle anderen Bereiche des Lebens halten trotz Gleichstellung im Grundgesetz vielfältige Benachteiligungen bereit. Ausgehend von einem Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Frauenrechte zeigt die Autorin auf, worin die Frauen den Männern nicht 'gleich an Rechten' sind: Beispielsweise im Beruf durch Gender Pay Gap und verwehrte Karrieremöglichkeiten. Oder durch das System Ehe, das den Frauen nach dem (freiwilligen?) Verlust des eigenen Namens negative strukturelle Erwerbsanreize bietet und direkt in das 'Ernährermodell' mit Retraditionalisierung der Rollenverteilung, schlecht bezahltem Teilzeitjob (mit nachfolgender Rentenlücke), gläserner Decke, 'Rabenmutterverdacht' und Doppelbelastung führt. Das neue Scheidungsrecht benachteiligt die Frauen, weil sie für die geforderte ökonomische Selbstständigkeit keinen Rechtsanspruch auf Rückkehr in eine Vollzeitstelle haben. Gewalt gegen Frauen ist weiterhin ein ungelöstes Problem. Alle Benachteiligungen gelten besonders für Migrantinnen: Erschwerend kommen patriarchalische Strukturen der Herkunftsländer bzw. der Religion hinzu, die in Bekleidungsvorschriften wie dem Kopftuchgebot, Zwangsheirat, Ehrenmord und genitaler Verstümmelung gipfeln. Daraus resultiert für Marianne Neuwöhner ein verstärkter Einsatz für Menschen- und Frauenrechte. Unter Bezug auf das Manual 'Menschenrechte und Soziale Arbeit', herausgegeben von UNO, IFSW und IASSW, fordert sie nicht nur Angehörige der Sozialen Berufe zum Handeln auf: 'Es ist mein Wunsch, diese Arbeit in möglichst viele Hände zu legen, um damit Menschen einen Impuls zu geben, sich mit den Rechten von Frauen zu beschäftigen und sich dafür einzusetzen.' Ein interessantes Buch sowohl für Frauen als auch für Lehrende, Lernende und Praktizierende der Sozialen Arbeit.