Die Geschichtsdarstellung im Annolied

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 2,7, Ruhr-Universität Bochum (Germanistisches Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: ¿Man hat der Historie das Amt, die Vergangenheit zu richten, die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren, beigemessen: so hoher Ämter unterwindet sich gegenwärtiger Versuch nicht: er will bloß sagen, wie es eigentlich gewesen.¿ Dieses Zitat von Leopold von Ranke, einem preußischen Historiker, deutet schon an, womit sich diese Arbeit beschäftigen wird, zu sagen ¿wie es eigentlich gewesen¿. Darüber hinaus aber soll hier die Art und Weise, in der Geschichte im Mittelalter aufgefasst und aufgeschrieben wurde, Schwerpunkt sein - die Funktion und die Rezeption der Geschichte. Ich werde versuchen darzustellen, wie sich das Verhältnis zur eigenen Geschichte und das Verlangen nach einer grundlegenden Ordnung der Dinge durch und in der Geschichtsschreibung widerspiegelt. Gerade in Zeiten von Kriegen, Revolutionen oder Epidemien suchen Menschen nach einem grundlegenden Sinn, nach einer ordnenden Instanz. Daraus entwickelte sich eine Geschichtsschreibung, die eben diese Funktion inne hat: Sie legt verbindliche Ordnungsprinzipien an. Wo vorher Verwirrniss herrschte, schafft sie Ordnung. Die zu stellende Frage ist, wodurch schafft es die Geschichtsschreibung, dass sich die Menschen nicht mehr ¿hoffnungslos¿ verloren in der eigenen Zeit fühlen? Dies werde ich am Beispiel des Annolieds und der Konzeption der Anno- Biographie dokumentieren. Was die Geschichte mitunter so faszinierend macht, ist ihre jeweilige Auslegung und auch die resultierende Zweckentfremdung von Geschichtsschreibung. Dieses Mittel der subjektiven, ¿zielorientierten¿ Geschichtsauffassung und ¿darstellung zeigt sich schon im frühesten Mittelalter. Die Ereignisse und Taten der Vergangenheit zu rechtfertigen oder im Nachhinein zu verstehen, ist geprägt vom betrachtenden Menschen und seiner Einstellung. Ob nun Herrschaftshäuser ihre Legitimation anhand der Geschichte zu untermauern suchten, oder die Existenz fiktiver Heldenfiguren durch diese begründet werden sollte, die Geschichtsdarstellung wird zum Mittel der Legitimation. Im Annolied wird diese Legitimation durch konkrete Bezüge zur Heilsgeschichte, Wundern und Heiligen, sowie zur Antike begriffen. Dies legt ein Verständnis von Geschichte zugrunde, welches auch Schwerpunkt dieser Arbeit sein wird. Anhand der Konzeption der Anno- Biographie und der Zahlensymbolik im Annolied werde ich darstellen, wie Geschichte genutzt werden kann, um bestimmte Verfasserintentionen aufzuzeigen und Werbung für deren Ziele zu machen.

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