Die Identifikation und Klassifikation von Anregungsgehalten zur moralischen Entwicklung in Lehrplänen kaufmännischer Berufschulen

Inhaltsangabe:Zusammenhang: Den theoretischen Hintergrund für die Analysen dieser Arbeit bilden Kohlbergs Theorie der moralischen Urteilsfähigkeit unter dem erziehungswissenschaftlichen Aspekt, der Normenkatalog von Colby und Kohlberg (vgl. Colby et al. 1987) und der von Lind als pädagogisches Meßinstrument entwickelte MUT. Denn nach Kohlbergs Theorie ist die Voraussetzung für eine Förderung der moralischen Entwicklung in der Schule zum einen eine bestimmte kognitive Entwicklung und zum anderen die Gelegenheit zur Rollenübernahme bei echten moralischen Konflikten und die daraus resultierende Konfrontation mit Regeln und Werten. Hier setzt diese Arbeit an. Beginnt ein Jugendlicher eine Berufsausbildung, kann man davon ausgehen, daß er eine gewisse Vorbildung im Sinne der kognitiven Entwicklung besitzt. Die moralische Stimulation soll dann vom jeweiligen Entwicklungsstand des Schülers ausgehen. Obwohl für Kohlberg bereichsspezifisches Zurückbleiben im Entwicklungsstand nur Übergangserscheinungen sind, fanden andere Wissenschaftler Indizien dauerhafter moralischer Segmentierungen u.a. im ökonomischen Bereich, speziell auch in der Arbeitssphäre. Viele Auszubildende neigen dazu, sich im Arbeitsbereich, Betrieb und Beruf rein instrumentell (präkonventionell) zu orientieren, während sie in den anderen Lebensbereichen bereits konventionell urteilen. Gerade wegen der großen Bedeutung der Arbeitssphäre für das soziale System und die Alltagspraxis der Menschen, muß das Ziel der kaufmännischen Berufserziehung zunächst sein, das von Schülern jeweils erreichte Strukturniveau über alle Lebensbereiche hinweg anzugleichen, ehe die nächsthöhere Stufe angestrebt wird. (Vgl. Lempert 1985, S. 395 f) Auf der Basis der Kohlbergtheorie werden den Lehrzielen' der Unterrichtsfächer Volkswirtschafts- (VWL) und Betriebswirtschaftslehre (BWL) der Berufsschuljahrgänge des ersten, zweiten und dritten Ausbildungsjahres moralische Normen und Kohlbergstu-fen zugewiesen.3 Daraus kann abgeleitet werden, welche Stufen des moralischen Urteils im Unterricht angesprochen werden Es wird deshalb zunächst Kohlbergs 'Kognitive Entwicklungstheorie des moralischen Urteilens', die er in sechs Stufen unterteilt hat, beschrieben, wobei auch die der Kohlberg-Theorie zugrundeliegenden Denkstrukturen erfaßt und die moralischen Normen erläutert werden. Danach erfolgt die qualitative Inhaltsanalyse der Lehrpläne der Ausbildungsberufe Bank, Einzelhandel, Industrie und Versicherung der drei zu [...]