Die Krieg-in-Sicht-Krise 1875

Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - 1848, Kaiserreich, Imperialismus, Note: gut, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Lehrstuhl für Neuere Geschichte II), Veranstaltung: Proseminar: Das Erbe der Erbfeindschaft, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit 1815 garantierten die fünf Großmächte das europäische Gleichgewicht. Die Wiener Ordnung sah vor, dass der neutrale Deutsche Bund in der Mitte als Puffer die Ausgewogenheit des Systems sichern sollte. Das restaurative Konzept Metternichs konnte den großen Konflikt zwar verzögern, auf Dauer verhindern ließ er sich jedoch nicht. Seit 1848 war das Europäische Konzert angeschlagen, nach dem Krimkrieg zerstört. Das Jahr 1856 bildet insofern eine Zäsur im Prozess der Wandlung des europäischen Staatensystems, als nach diesem Jahr die Pentarchie, die den Status quo in Europa seit dem Wiener Kongress garantiert hatte, nicht mehr zusammentrat. Die Neuordnung Mitteleuropas durch die Kriege von 1866 und 1871 vollzog sich folglich nicht mehr unter der Garantie des Konzerts der Mächte. Der Bestand der mit dem Jahr 1871 vorläufig abgeschlossenen Veränderungen hing nun von Wohlwollen, Missgunst, Gleichgültigkeit oder Machtlosigkeit der davon indirekt betroffenen Mächte - sprich: Russland, Österreich-Ungarn und Großbritannien - ab. [...]Die Entwicklung der Krieg-in-Sicht-Krise gründete auf dem Axiom der unsicheren Friedenslage, es steckten jedoch weit tiefgehendere Absichten und Verflechtungen dahinter, deren Erörterung jedoch nur aus den Bedingungen heraus möglich ist, aus denen die Krise entstand. Diese Arbeit ist folglich ein Versuch, die Entstehung der Krieg-in-Sicht-Krise aus der europäischen Situation im Gefolge des Krieges von 1871 nachzuvollziehen, ihre Ereignisse anschaulich darzustellen und auf ihre weitreichenden Folgen für die europäische Politik hinzuweisen. Das Hauptaugenmerk soll dabei stets auf die deutsch-französischen Beziehungen gerichtet sein, wenngleich es für das Verständnis notwendig ist, auch Ereignisse und Vorgänge in Betracht zu nehmen, die außerhalb des Fokus liegen.