Die Kritik an der Weltordnung in Büchners 'Lenz'. Analyse von Büchners Erzählung in Hinblick auf Ruhe und Bewegung, Erkenntnis- und Zeichensysteme

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,0, Freie Universität Berlin (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie), Veranstaltung: Heine und Büchner: Denkanstoß Sprache, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Zahl der Forschungsansätze zu Büchners Lenz ist immens, die Herangehensweisen sind vielfältig. Woran liegt das? Beschreibt der Text nicht lediglich den Ausbruch einer psychischen Erkrankung bei dem Sturm-und-Drang-Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz? Wenn man sich nicht mit einer bloßen Inhaltsangabe zufrieden geben möchte, reicht diese Sichtweise auf die Erzählung sicherlich nicht aus. In der Tat erstaunt das Phänomen der unzähligen Interpretationsansätze weniger, wenn man sich den Text als einen durch und durch poetisierten betrachtet. Er enthält nämlich zahlreiche innertextliche Referenzen, sinnlich beschriebene Bilder, die sich ergänzen oder gegenüber stehen sowie Verweise auf Themen anderer künstlerischer und theoretischer Texte, aber nichts ist eindeutig. Die Erzählung zeugt von Abstraktheit und nicht zuletzt ihre durchkomponierte Sprache eröffnet einen großen Deutungsspielraum. Um diesen geht es. Den 'Subtext' wahrzunehmen, der sich in der künstlerischen Verfasstheit der Erzählung äußert und sich zugleich in der Vieldeutigkeit der Poesie versteckt, ist die große Aufgabe einer Interpretation. Dabei darf nicht so getan werden, als gäbe es nur eine Wahrheit. In Anbetracht dessen verwundert die Vielzahl der Perspektiven, aus denen Büchners Lenz analysiert wird, nicht. Auch dieser Beitrag zur Aufklärung des spannenden Rätsels kann nur ein Versuch sein. Georg Büchner war ein kritischer Zeitgenosse, der sich in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts für die Revolution in Deutschland einsetzte. Es ist nicht abwegig, dass so jemand wie er, der den desolaten Zustand der Gesellschaft erkannte, auch einen gesellschaftskritischen Kommentar in seine Dichtung einfließen lässt. Genau um diese kritische Sicht Büchners auf Gesellschaft und Welt soll es mir in dieser Arbeit gehen. Warum muss Lenz an der Welt scheitern? Peter Kubitschek untersucht die Erzählung mit Fokus auf diese Fragestellung. Er findet heraus, dass das Subjekt Lenz stets in ein Verhältnis zur Natur gesetzt wird und dass diese Natur auch Welt respektive Gesellschaft konnotiert. Weiterhin stellt er fest, dass die poetische Gestaltung auf der Antithese von Ruhe und Bewegung basiert, die er in seiner Analyse in den Mittelpunkt stellt. Die Relation Lenz' zur Welt wird als eine der Ruhe oder als eine der Bewegung bestimmt, woraus sich Aussagen über den Zustand der Welt ableiten lassen. Kubitscheks Analyse wird das Fundament meiner Interpretation bilden.