Die Mären "Der fünfmal getötete Pfarrer" und "Die Disputation" von Hans Rosenplüt. Ist "Groteskes" in mittelalterlichen Versnovellen zu finden?

Studienarbeit aus dem Jahr 2021 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Sprache: Deutsch, Abstract: In der vorliegenden Arbeit soll daher untersucht werden, ob sich in mittelalterlichen Versnovellen tatsächlich ¿Groteskes¿ finden lässt. Dazu ist zunächst der Frage nachzugehen, wie sich das Groteske über eine allgemeinsprachliche Bedeutung hinaus auch adäquat literaturwissenschaftlich beschreiben lässt. Anhand wichtiger Arbeiten von Michael Bachtin und Wolfgang Kayser sollen wesentliche Elemente des Grotesken erarbeitet werden. Um die genannte Einordnung spätmittelalterlicher Mären nach Klaus Grubmüller nachzuvollziehen, ist zu klären, ob und in welcher Form in den beiden mittelalterlichen Versnovellen tatsächlich groteske Elemente, wie von Bachtin und Kayser beschrieben, vorhanden sind. Dazu sollen die beiden Mären "Der fünfmal getötete Pfarrer" sowie "Die Disputation" des Nürnberger Dichters Hans Rosenplüt aus dem 15ten Jahrhundert untersucht werden. Insbesondere ist auf den sehr unterschiedlichen Hintergrund und Inhalt der beiden Mären einzugehen und herauszuarbeiten, inwiefern sich die Funktionen des Grotesken gleichen oder auch unterscheiden. Abschließend soll in dieser Arbeit die Übertragung des Grotesken auf mittelalterliche Texte problematisiert und reflektiert werden. Dabei stellt sich die Frage, ob das Groteske als moderne ästhetische Kategorie überhaupt auf mittelalterliche Texte übertragbar ist oder diesen unzulässig durch eine solche von Theorien der Moderne geleitete Analyse aufgezwungen wird. In mittelalterlichen Mären finden sich viele Elemente, die gerade heutigen Leser*innen sehr absurd erscheinen dürften. Ekelerregendes und Lächerliches, perverse Grausamkeit und enorme Brutalität treffen auf eine teils sehr derbe Komik. Die eigentümliche Ästhetik einiger Mären scheint sich intuitiv als ¿grotesk¿ beschreiben zu lassen, ein Begriff, der sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch findet. Er taucht aber auch im Kontext mittelalterlicher Versnovellen in der Anthologie Novellistik des Mittelalters von Klaus Grubmüller auf. Darin ordnet dieser gerade Texte des Spätmittelalters in einem eigenen Kapitel "Die Freisetzung des Bösen: Der Weg ins Groteske" dem Grotesken zu.