Die Malerei als Kunst der Augen

Die Malerin Annemarie Kirchner-Kruse erlebte eine glückliche Kindheit im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wo sie als Tochter des berühmten Bildhauers Max Kruse schon früh Eingang in die dortigen Künstlerkreise fand. Die Trennung der Eltern und der Verlust des Familienhauses waren die ersten Katastrophen in ihrem Leben, denen noch viele folgen sollten. Schon früh erkannte sie ihre Liebe zur Malerei, deren Wurzeln sie in der Natur sah, in Menschenbild und Landschaft. Ihre wichtigste Ausbildung erhielt sie in Paris, im Atelier von Henri Matisse und Hans Purrmann, wobei Letzterer lebenslang ein großes Vorbild für sie war. Zwei Ehen und vier Kinder brachten viel Glück und großes Leid. Ab 1935 lebte sie mit Unterbrechungen immer wieder in Bad Homburg, anfangs zusammen mit ihrem zweiten Mann, dem Lehrer und Hölderlin-Forscher Werner Kirchner. In den Erinnerungen von Annemarie Kirchner-Kruse spiegelt sich das ungewöhnliche Leben einer Frau, die mit ihrer ausgeprägten Selbstständigkeit, ihrem lebenslang ausgeübten Künstlertum und als weitgehend alleinerziehende Mutter von vier Kindern die großen Krisen des letzten Jahrhunderts aus einer außergewöhnlichen Perspektive erlebte.