'Die Schuld ist immer zweifellos.'

Inhaltsangabe:Problemstellung: Franz Kafkas Erzählung In der Strafkolonie thematisiert einen kulturellen Umbruch: Eine mittelalterliche‚ barbarische Rechts- und Gesellschaftsordnung soll auf Betreiben eines neuen Machthabers, des neuen Kommandanten, durch eine moderne‚ zivilisierte Gesellschaftsordnung abgelöst werden. Anhand dieses Umbruchs werden zwei konkurrierende Ordnungsmuster diskutiert, die sich auf unterschiedliche Rechtsfindungsstrukturen stützen. Sie werden jeweils durch eine der Hauptfiguren repräsentiert: Der europäische Forschungsreisende vertritt die Prinzipien bürgerlicher Gerichtsbarkeit, die auf Diskursivität beruht (Rede und Gegenrede in der Gerichtsverhandlung) und sich Milde und Humanität auf ihre Fahnen schreibt. Der Offizier dagegen verkörpert ein Modell, das ohne jede Diskussion zur Urteilsfindung gelangt und auf einem analogen Übertragungsmechanismus basiert (der Folterapparat ‚schreibt‘ das Urteil direkt auf den Körper des Delinquenten). Gang der Untersuchung: Ziel dieser Arbeit ist es nun, zu zeigen, dass Kafka die auf den ersten Blick so offensichtlichen Differenzen zwischen beiden Rechtsmustern dekonstruiert und den archaischen Strafritus der Strafkolonie dazu benutzt, unreflektierte Voraussetzungen der eigenen (Rechts-)Kultur zu diagnostizieren. Der erste Teil dieser Arbeit ist Kafkas Text selbst gewidmet. Hier soll die Erzählung anhand ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Quellen, einer Inhaltsangabe sowie eines Überblicks über die wichtigsten Forschungslinien beleuchtet werden. Anschließend wird die Funktion des dargestellten Strafrituals innerhalb der Gesellschaftsordnung der Kolonie analysiert, wobei die Aspekte Bestrafung und Disziplinierung im Mittelpunkt stehen. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, Michel Foucaults rechtsgeschichtliche Studie Überwachen und Strafen heranzuziehen und deren zentrale Aussagen für eine Interpretation der Strafkolonie nutzbar zu machen. Foucault kann als „Ethnograph der eigenen Gesellschaft“ bezeichnet werden, weil er bestimmte kulturelle Strukturen – wie das Rechtswesen – in den Blick nimmt. Für das Ende des 18. Jahrhunderts diagnostiziert er einen entscheidenden Wandel im „Straf-Stil“ (ÜS 14) des europäischen und des nordamerikanischen Rechtssystems: Die mittelalterlich-absolutistische Blutjustiz wird durch eine mildere Gerichtsbarkeit abgelöst, die nicht mehr auf Vernichtung, sondern auf Resozialisation setzt. Ich zeichne diese Entwicklung kurz nach und gehe dabei [...]

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