Die Stadt Köln und ihre Heiligen

Seit einiger Zeit werden in der mediävistischen Forschung verstärkt lokale Gemeinschaften und ihre 'Identitäten' Gegenstand von Untersuchungen. In Bezug auf Städte gilt der Blick in der Regel dem gut dokumentierten Stadtbürgertum des späteren Mittelalters. Auch zuvor war aber die Stadtgemeinschaft eine mehr oder weniger distinkte Gruppe, für die die Etablierung einer gemeinsamen Vergangenheitserzählung einer der wichtigsten Selbstvergewisserungsmechanismen war. Der alles bestimmende Rahmen jeglicher Vergangenheitserfahrung im Mittelalter war die Heilsgeschichte. Es ist daher kein Zufall, dass sich lokale Geschichtsvorstellungen über Jahrhunderte hinweg vor allem in den Legenden der örtlichen Heiligen erhalten haben, bevor die hoch- und spätmittelalterliche Chronistik zunehmend auch profane Themen beinhaltete. Lea Raith untersucht anhand der mannigfaltigen Kölner Hagiographie des 10.-12. Jahrhunderts, wie sich die Stadtgemeinschaft über die Legenden ihrer Heiligen in der (Heils-)Geschichte verortete und zeigt, dass Hagiographische Schriften - bei allen Limitationen - als genuiner Ausdruck zeitgenössischer Vorstellungen von Vergangenheit interpretiert werden können.



Lea Raith studierte Geschichte und Medienkulturwissenschaften an der Universität Köln und wurde dort promoviert. Derzeit ist sie wissenschaftliche Volontärin am LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Kölner Stadtgeschichte des Mittelalters, die rheinische Hagiographie und die Landesgeschichte.