Von dem großen Projekt, das die UNO sein sollte, scheint nur wenig übrig geblieben zu sein. 60 Jahre nach ihrer Gründung ist Kritik die vorherrschende Reaktion, wenn die Rede auf die Aktivitäten dieser Organisation kommt. Kritik an ihrer bürokratischen Schwerfälligkeit, an der Ineffizienz ihrer Arbeit, an der fehlenden demokratischen Legitimation ihrer Entscheidungen. Weiter denn je ist die UNO heute in den Augen vieler davon entfernt, für eine von gemeinsamen Werten getragene Weltinnenpolitik zu stehen. Über dieses große Ziel wird jedoch oft vergessen, was die UNO namentlich auf dem Gebiet des Völkerrechts und der weltweiten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenarbeit bereits erreicht hat. Andererseits aber schärft die Kritik den Blick für Fehler und Missstände und wirft die Frage auf, was die UNO im Spannungsfeld von Nord und Süd, von multilateraler Sicherheitspolitik und unilateralen Machtinteressen zu leisten vermag und auch leisten muss, wenn sie mehr sein will als ein Akteur am Rande, nur widerstrebend und mit Einschränkungen geduldet. Denn die Art und Weise des Umgangs mit einer sich verändernden Staatenwelt, der Grad der weltweiten Beachtung elementarer Menschenrechte, die Wahrung des Weltfriedens und der Erfolg oder Misserfolg im Kampf gegen Armut und für demokratische Mindeststandards sind die zentralen Kriterien, an denen künftig die Arbeit der UNO gemessen werden wird. Dieser Band kann und will keine Lösungen anbieten. Aber er will das Bewusstsein wecken für das, worum es derzeit und in Zukunft bei dem großen Versuch, eine Weltgemeinschaft zu gestalten, gehen wird.

Gerd Hankel, Dr. jur., Jurist und Sprachwissenschaftler, seit 1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur.

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