Die Verkörperung der Sinnlichkeit

Der Mensch erlebt den eigenen Leib und die Umwelt allein durch die Sinnlichkeit; seine Erfahrungswelt baut ursprünglich auf den Sinneswahrnehmungen auf. Der Zugang des menschlichen Subjekts zum Gegenstand, der sinnlich wahrgenommen und durch den Verstand erkannt wird, vollzieht sich zuerst in dieser verbindenden Funktion, die notwendigerweise die leibliche und außerleibliche Ausdehnung der Sinnlichkeit voraussetzt. Die vorliegende Abhandlung ist ein Versuch, die primären räumlich-zeitlichen Strukturen, die jeder Form der Sinneswahrnehmung innewohnen, erneut zu untersuchen und dabei eine grundlegende Analogizität zwischen den Sinnesstrukturen aufzuweisen. Seitdem Descartes die Sinnlichkeit ausschließlich unter einer unausgedehnten Seele, der res cogitans, subsumierte, und Kant sich - daran anschließend und erweiternd - die primären Sinnesqualia Raum und Zeit rein apriorisch vorstellte, bleibt die wirkliche Ausdehnung der Sinnlichkeit ein ungelöstes Problem. Die Aporie der Sinnlichkeit scheint eine Wiederherstellung des objektiven Status der primären Sinnesqualia zu bedingen. Die räumlich-zeitlichen Sinnesstrukturen bilden dabei das unreduzierbare Skelett der Wirklichkeit, auf dem sich die sekundären Sinnesqualia ausdehnen.

Babu Thaliath ist seit 2013 Professor für Philosophie und Germanistik an der Jawaharlal Nehru Universität Neu Delhi. Er studierte zunächst Bauwesen und Germanistik in Indien und promovierte zwischen 1997 und 2003 im Hauptfach Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Universität Basel. Anschließend absolvierte er mehrere postdoktorale Forschungsprojekte im Fachgebiet Frühneuzeitliche Mechanische Philosophie an der Humboldt Universität zu Berlin und der University of Cambridge (2005-2013). 2016 erschien bei Alber sein Buch Wissenschaft und Kontext in der frühen Neuzeit.

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