Die Vorrede des Herausgebers und Werther als lesender Protagonist

Studienarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Didaktik für das Fach Deutsch - Literatur, Werke, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für deutsche Literatur), Veranstaltung: Die Leiden des jungen Werthers, Sprache: Deutsch, Abstract: Johann Wolfgang von Goethes Briefroman 'Die Leiden des jungen Werthers' ragt in der Geschichte der Literaturrezeption ohne Zweifel heraus. Kaum ein anderes Werk wird sich eines so breiten Rezeptionsspektrums rühmen können, selten war die Rezeption eines Werkes in einer ähnlichen Weise von Diskussionen in diesem Ausmaße begleitet. Die Bedeutung des Lesers eines Werkes und dessen Art und Weise der Rezeption und des Umganges mit einem Roman erfreute sich besonderer Aufmerksamkeit, sowohl in der damaligen Anschlussdiskussion unmittelbar nach Veröffentlichung als auch in der späteren Werther-Forschung. Doch nicht nur der tatsächliche Umgang der Leser mit dem Werther ist für die Lesekultur des 18. Jahrhunderts von besonderer Bedeutung. Das Werk selbst bietet inhärente Hinweise, wie ein Werk allgemein gelesen werden kann beziehungsweise sollte, es artikuliert eine Art werkimmanente Lesekultur mittels zweier Wege. Erstens wendet sich der Herausgeber mit einem Vorwort an den Leser, indem er eine Weise der Rezeption empfiehlt. Zweitens tritt Werther im Roman augenscheinlich als lesender Protagonist in Erscheinung, dessen Auswahl der Literatur und dessen Umgang mit und Rezeption von Texten eine besondere Bedeutung erfährt. Diese Arbeit möchte die Funktion der von Werther jeweils geschätzten oder gemiedenen Literatur und seine Beziehung zur Literatur anhand der Literatur in der Romanhandlung untersuchen und die Art und Weise der Literaturrezeption Werthers mit den 'Leitlinien der Literaturrezeption' des Vorwortes kontextualisieren und der Frage nachgehen, inwieweit Werthers 'Lesekultur' eine paradigmatische Rolle zuteil wird und schließlich, welche Aspekte eines Zusammenhanges zwischen Vorrede und Werthers Rezeption des Homer, der Gesänge des Ossian, von Klopstock sowie Lessings Emilia Galotti, vorliegen. Der Begriff der 'Lesekultur' bedarf angesichts der Zentralität des Begriffs in dieser Arbeit und der häufigen Nennung vorab einer kurzen Erläuterung. Es geht hierbei um eine spezifische Art des Umganges mit Texten beim Lesen, die über die 'Rezeption als 'Sinnverstehen'' hinausgeht. In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, die Vorstellung vom Lesen 'als kognitive[s] Verstehen' mit dem Ziel, ''eine Bedeutungsproduktion aus dem Text' zum Ergebnis zu haben' um den Begriff des 'Lektüreerlebnisses' zu erweitern oder gar zu ersetzen. [...]

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