Die Welt als dramaturgisches Labyrinth: Das politische Denken im Werk Friedrich Dürrenmatts

Friedrich Dürrenmatt verstand sich immer als ein politischer Autor. Sein Schreiben sollte auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen und zum Nachdenken und - vor allen Dingen - zum Handeln anregen. Leser und Zuschauer sollen durch seine Werke einen klareren Blick auf Welt, Mensch und Politik erhalten und so zu Handlungsanweisungen und Lösungsmöglichkeiten für ihr eigenes Leben und die sie umgebende Gesellschaft gelangen.
Während bereits umfassende Literatur zur literaturwissenschaftlichen Bedeutung und Interpretation Dürrenmatts existiert, fehlte bisher eine genaue Analyse seines politischen Denkens. Dabei entwickelt Dürrenmatt hinter allem pessimistischen und komischen Schein seiner Werke ein tiefgründiges und interessantes politisches Denken: Den totalitären Ideologien seiner Zeit setzt er einen Gegenentwurf aus zweifelnder Vernunft, Menschlichkeit, Freiheit, Hoffnung und Pragmatismus entgegen. Der Bedrohung des Menschen stellt er eine freilich unspektakuläre aber dafür 'noch mögliche' Rettungsvision in Form einer Rebellion der Einzelnen gegenüber. Und der Unübersichtlichkeit der Welt versucht er durch dramaturgische Verbildlichung in Theater und Literatur entgegenzuwirken.
Dürrenmatt selbst kann freilich keine absolute, vollgültige Lösung aller Weltprobleme anbieten. Weder hält er dies für möglich, noch hält er es für erstrebenswert. Stattdessen soll jeder Einzelne selbst denken und handeln. Dürrenmatt sieht seine Aufgabe als Autor lediglich darin, dem Einzelnen eine Grundlage und Anleitung zum Denken zu geben: seine Stücke, Romane, Erzählungen, Aufsätze, usw. Sie gilt es zu nutzen.
Dieses Buch soll eine Hilfe dazu sein, die gedanklichen Grundlagen des politischen Denkens Dürrenmatts zu verstehen, um damit auch die von ihm auf der Bühne in Stoffen, Bildern und Geschichten vorgeführten Konflikte, Probleme und Weltsichten verstehen und richtig weiterdenken zu können. Denn Dürrenmatts dramatisches Werk kann ohne Kenntnis seines politischen Denkens immer nur unvollkommen erfasst werden.
Dass Dürrenmatt dabei noch immer hochaktuell und relevant ist zeigt eine kleine Auswahl seiner Themen: Wirtschaftskrisen, Überbevölkerung, Umweltzerstörung, Armut, staatliche Intransparenz, scheinbare Alternativlosigkeiten, Bürokratisierung, Verworrenheit einer immer unübersichtlicheren Welt usw. All dies betrifft uns heute mehr denn je und Lösungsvorschläge werden immer dringender gebraucht.

Hans-Ludwig Buchholz wurde 1989 in Halle/Saale geboren. Er studierte bzw. studiert Staatswissenschaften und Politische Theorie in Passau, Darmstadt und Frankfurt am Main. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich dabei vor allem mit Politischer Theorie und Ideengeschichte, aber auch mit Internationaler Politik und Volkswirtschaftslehre. Sein wissenschaftliches Interesse konzentriert sich auf die Bereiche des politischen Denkens literarischer Autoren und der Ideengeschichte der politischen Philosophie. Die große Begeisterung für die Dramen Friedrich Dürrenmatts animierte ihn dazu, sich dessen Werk aus der Perspektive der Politischen Theorie intensiver zu nähern.

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