Die Zerstörung nationalen Erbes: Das Berliner Stadtschloss

Essay aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Geschichte Europas - Neueste Geschichte, Europäische Einigung, Note: 1,7, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Geschichtswissenschaften), Veranstaltung: Die DDR und die nationale Frage, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Sprengung des Berliner Schlosses wird in der Literatur oft als reiner Willkürakt beschrieben. Dem war nicht so: Die DDR-Führung wollte die preußische Geschichte aus ideologischen Gründen tilgen. Das Berliner Schloss (und beispielsweise auch das Potsdamer Schloss sowie die Potsdamer Garnisonskirche) wurden gesprengt, obwohl sein Wiederaufbau - wie u. a. das Schloss Charlottenburg beweißt - möglich gewesen wäre, und dass obwohl das Schloss nach den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg (im November 1943, im Mai 1944 und vor allen im Februar 1945) immerhin sogar noch 5 ½ Jahre schutzlos der Witterung ausgesetzt war. Auf einen schlechten baulichen Zustand als Grund für den Abriss des Schlosses konnte sich also niemand berufen. Laurenz Demps bring es auf dem Punkt: 'Die Ruine des Schlosses konnte im Selbstverständnis der Handelnden keine Sinnstiftung mehr übernehmen, sie konnte auch nicht Sinnstiftung sein. Nur ihre Vernichtung machte den Weg frei für eine Neuordnung der Stadt und eine neue Sinnstiftung.' Zeitzeugen wussten jedoch schon vor dem eigentlichen Abriss des Schlosses das Motiv zu benennen: 'Mit dem Schloss wollte man eine monarchistische und aristokratische 'Tradition' vernichten.' Genau dieses nationale Erbe und nationale Symbolhaftigkeit des Schlosses und seine Bedeutung für die nationale, gesamtdeutsche Identifikation nach der Wiedervereinigung waren Hauptargumente für den Beschluss zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses im Jahre 2002. Der kunsthistorische Aspekt des Schlosses tangierte die SED-Regierung nicht, sie entschieden aus rein politisch-ideologischem Kalkül über die Vernichtung von nationalem Erbe. Das Schloss sollte nach den politischen Vorstellungen Ulbrichts & Co unter dem vordergründigen Argument städtebaulicher Belange einem zentralen Demonstrationsplatz für bis zu 300.000 Menschen weichen. Dieser uferlose Aufmarschplatz, ansonsten ohne Funktion, wurde 1951 Realität: Der Marx-Engels-Platz. Im Jahre 1976 wurde durch den Palast der Republik, dem 'Palast für das Volk' anstelle des Hohenzollernschlosses, in der sozialistischen Stadtmitte ein neues bedeutungsschwangeres Symbol gesetzt. Der Palast sollte eine enge Verbundenheit zwischen dem Volk und dem politischen Regime demonstrieren. Wie wir wissen symbolhafte Blüten, die rasch verwelkten.