Die gläserne Heimat

Flüchtende, hinterlassen Schmerzen, nicht nur bei den in Gefahr zurückgelassenen Familienangehörigen, sondern oft mehr noch bei sich selbst. So baut sich in der Erzählung 'Die gläserne Heimat' die Protagonistin Azar ihre Schatten: das sind die Fotos der Mutter, der Großmutter und des Kindes Nazli. Mit ihnen spricht Azar, wie auch mit dem erfundenen deutschen Freund Klaus, ein erschreckendes Beispiel des Kampfes zwischen Anpassung und Isolation. In dieser Erzählung - wie auch in 'So ist das Leben' - sind die vielfältigen Erfahrungen einer Asylbewerberin mit Intensität und starker Ausdruckskraft geschildert; differenzierte Aussagen, die auch für uns eine Herausforderung zu einer Auseinandersetzung mit uns selbst sind. Die Bedrohungen, denen Asylbewerberinnen hier ausgesetzt sind, die psychischen Barrieren, die die Kommunikation stören, hat die Autorin beschreibt die Autorin sehr eindrücklich. In 'Die gläserne Heimat' wird Azar mit folgendem Satz im Ausländeramt belehrt: 'Sie wissen doch, dass Ihnen keine Gefahr mehr droht, wenn Sie Ihre Reue bekunden? Das steht im Koran geschrieben ...' In einer realistischen Erzählweise, die stets von Rückblenden unterbrochen wird, verarbeitet Farsaie die Erfahrungen des Exils und des Verbundenseins mit der eigenen Heimat. Die Erzählungen reflektieren spezifische Probleme einer selbstbewussten und aktiven Frau aus einem anderen Kulturkreis. So entsteht ein bitter- zärtliches Bild von hoher Sensibilität und Poesie über ein Leben, das ausweglos scheint, in dem mehrmals alles zerbricht.

Fahimeh Farsaie wurde 1952 in Teheran geboren. Als Redakteurin, Film- und Literaturkritikerin war sie im Iran für mehrere Zeitungen tätig. Wegen ihrer Leidenschaft für engagierte Kunst und Literatur war sie unter dem Schah-Regime 18 Monate im Gefängnis. Unter der Khomeini-Regierung wurde sie ebenfalls, wegen einer Erzählung gegen den Krieg, verfolgt. Seit 1983 lebt sie in Deutschland, arbeitet als freie Journalistin für Hörfunk und Zeitungen (taz, Freitag, Deutsche Welle, Saarländischen Rundfunk). Fahimeh Farsaie engagiert sich für Migrantinnen und setzt für Antidiskriminierung in Deutschland ein. Sie erhielt den iranischen Fernsehpreis Tamascha für junge Autoren, den Barans-Fond-Preis für die Literatur im Exil sowie diverse Literatur- und Drehbuchstipendien in Deutschland. Veröffentlichungen neben zahlreichen Essays: Das giftige Grün (Theaterstück, Westfälisches Landestheater), 2012 Eines Dienstag beschloss meine Mutter Deutsche zu werden (Roman), 2006 Asche der Liebe (Drehbuch), 2004 Hüte dich vor den Männern mein Sohn,(Roman), 1998 Die Flucht und andere Erzählungen, 1994 Vergiftete Zeit, (Roman), 1991 Das Warten (Hörspiel), 1990 Die gläserne Heimat, (Erzählungen), 1989 (auch in englischer Sprache erschienen).

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