Doping im Sport - Anpassung durch Abweichung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Soziologie - Individuum, Gruppe, Gesellschaft, Note: 2,5, Universität Duisburg-Essen (Gerhard Mercator Universität Duisburg), Sprache: Deutsch, Abstract: Am 9. Juli 1998 wurde Willy Voet, Masseur und Betreuer des Radrennteams 'Festina', an der französisch-belgischen Grenze von Zollbeamten gestoppt. Sein Firmenwagen wurde durchsucht, und es wurden 80 Ampullen Wachstumshormone, 234 Fläschchen Erythropoietin, 160 Einheiten Testosteron und diverse andere Dopingmittel gefunden. Voet war auf dem Weg zu seinem Team, das an der berühmten und zugleich berüchtigten 'Tour de France' teilnahm. Die nachfolgenden Untersuchungen der französischen Justiz brachten einen Skandal ans Licht, der die Dopingvorfälle aus den letzten Jahrzehnten in den Schatten stellte. Im Profi-Team 'Festina' wurde systematisch und flächendeckend gedopt. Fast ausnahmslos alle Fahrer erhielten die Dopingmittel, die sie benötigten. Die Beschaffung und Dosierung wurde vom Mannschaftsarzt Dr. Erik Rijckaert kontrolliert. Beim Transport half unter anderem Willy Voet. Die Teamleitung mit Bruno Roussel als Teamchef förderte und unterstützte dieses Vorgehen. Damit wurde nicht nur eine 'Spitze des Eisberges' offengelegt, sondern es wurde zum ersten Mal erkennbar, wie Doping im Sport funktionieren kann und wie weit verbreitet dieses Phänomen tatsächlich ist. Der Fall 'Festina' war nicht der erste Dopingskandal in der Geschichte des Sports, und er war auch nicht der letzte. Doping ist kein neues Phänomen, sondern eine soziale Tatsache, die seit der Entstehung des modernen Sports existiert. In den letzten Jahrzehnten gab es kaum ein großes Sportereignis, das nicht von Dopingfällen überschattet worden ist. Fast täglich kann man in die Tageszeitungen schauen und entdeckt Meldungen über Athleten, Trainer, Mediziner und Funktionäre, die in einem Zusammenhang mit Doping stehen. Verstärkte Kontrollen, alarmierende Appelle an das Sportlergewissen oder Verweisungen auf den olympischen Gedanken konnten das Problem nicht eindämmen. Dabei ist kaum abzusehen, wie groß der Schaden ist, den das Doping anrichtet. Die Autorität und Autonomie, die der Sport von der Gesellschaft erhalten hat und das Vertrauen, das der Sport genießt, um seinen sozialen Auftrag zu erfüllen, sind bedroht. Es besteht also Handlungsbedarf. Das Phänomen Doping erweist sich als eine sehr komplexe Tatsache, welche präzise erfasst und analysiert werden muss. Simple Ursache-Wirkung-Formeln sind hier genauso unangebracht, wie einzelne Personalisierungen (meist von den Massenmedien produziert), die das Doping als Verfehlung von wenigen Personen beschreiben. [...]