"Durch unsere Stärke"!? (Amos 6,13)

Das Amosbuch ist nicht nur von Sozial-, Luxus- und Kultkritik bestimmt. Wenig beachtet wurde in der bisherigen Forschung die dem Buch inhärente Militärkritik. Sie richtet sich zum einen in den Völkersprüchen gegen Kriegsverbrechen der Völker (Am 1,3-2,3), wogegen Israel in diesem Zusammenhang allein wegen sozialer Vergehen angeklagt wird (Am 2,6-8). Schon hier zeigt sich, dass Militär- und Sozialkritik zwei Seiten derselben Medaille sind, wenden sie sich doch beide gegen eine auf Perversion von Macht gründende Gewaltherrschaft. Immer ist die Perspektive der Opfer im Blick. Auf ihrer Seite steht JHWH, der Gott der Gerechtigkeit. Seine besondere Bedeutung erhält der Völkerspruchzyklus dadurch, dass er Ansätze einer Völkerrechtslehre enthält, an denen das Handeln der Völker gemessen wird. Aber auch der Kriegstriumphalismus Israels, das auf die eigene militärische Stärke setzt (Am 6,13), wird in die Schranken gewiesen (vgl. schon Am 2,14-16), geht es dabei doch allein um eine interessengeleitete Machtpolitik, und nicht um die Rechtsordnung Gottes in der Welt. Die im Innern des Staates verbreitete Verkehrung von Recht und Gerechtigkeit, hat so auch eine Außendimension, die im Zentrum der Militärkritik des Amos steht.

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